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Petition in Thüringen

Apothekenfixum und Pharmaziestudium im Landtag

64.000 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner haben sich in einer Petition für eine bessere Finanzierung der Apotheken und die Modernisierung des Instituts für Pharmazie in Jena ausgesprochen. Am Donnerstag fand die Anhörung der Petenten im Thüringer Landtag statt. 
Lukas Brockfeld
25.04.2025  16:00 Uhr

Es war die erfolgreichste Petition in der Geschichte des Thüringer Landtags. Über 60.000 Menschen haben die Petition »Gesundheitsversorgung in Thüringen sichern. Apotheken retten!«, die im Sommer 2024 von der Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT) gestartet wurde, unterzeichnet.

Ursprünglich richtete sich die Petition primär gegen das Apothekenreformgesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Mit dem Scheitern der Ampelkoalition ist das hochumstrittene Vorhaben allerdings Geschichte. Weitere Forderungen sind eine wirtschaftliche Stärkung der Apotheken sowie die Modernisierung des Instituts für Pharmazie in Jena. Diese ist seit Jahrzehnten im Gespräch, wurde allerdings immer wieder verschoben und liegt derzeit wegen Finanzierungsproblemen auf Eis. 

Am Donnerstag setzte sich auch der Petitionsausschuss des Thüringer Landtags mit den Forderungen auseinander. Bei der Anhörung waren unter anderem Katharina Schenk (SPD), Landesministerin für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie sowie Christian Tischner (CDU), Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, anwesend. 

Nachwuchsmangel wird zur Gefahr

Das Eingangsstatement stammte von Danny Neidel, Einreicher der Petition und Geschäftsführer der LAKT. Neidel sprach zunächst über die lange Tradition, auf die die Pharmazie in Thüringen zurückblicken kann. Dann erläuterte er, warum das Land mehr in die Ausbildung junger Pharmazeutinnen und Pharmazeuten investieren müsse. Aktuell reichten die Kapazitäten bei weitem nicht aus, um die Arzneimittelversorgung im Freistaat auch in Zukunft gewährleisten zu können. 

»Die demografische Entwicklung der Pharmazieingenieure wird leider oft vergessen. Das ist ein DDR-Beruf und diese Menschen müssen bei einem Ausscheiden eins zu eins durch Apotheker ersetzt werden, zusätzlich zu den ausscheidenden Apothekern. Die jüngste Pharmazieingenieurin in Thüringen ist 54 Jahre alt, in spätestens 13 Jahren gibt es keinen einzigen Pharmazieingenieur mehr«, erklärte Neidel den anwesenden Politikerinnen und Politikern. 

In den kommenden 13 Jahren müssten laut Neidel etwa 850 Personen mit Leitungsberechtigung in den Thüringer Apotheken ersetzt werden. Im Institut in Jena würden aktuell aber nur etwa 60 Studierende im Jahr ihre Approbation erwerben. Über einen Zeitraum von 13 Jahren wären das also etwa 800 neue Apothekerinnen und Apotheker, von denen allerdings ein Teil in Krankenhäusern oder in der Forschung arbeiten wird. »Wir können schon heute sagen, dass etwa 300 Stellen nicht besetzt sein werden«, warnte Danny Neidel. 

Studieren unter erschwerten Bedingungen 

Anschließend erzählten Louis Chalupka, Leonie Helfer und Lea Höhn vom Fachschaftsrat Pharmazie der Friedrich-Schiller-Universität Jena von den schwierigen Bedingungen, unter denen sie ihr Studium bewältigen müssen. Lea Höhn präsentierte eine Karte, die zeigte, dass die Gebäude, die sie für ihr Studium besuchen muss, über die ganze Stadt verteilt sind. »Ein zentraler Campus würde die Attraktivität des Standortes deutlich erhöhen. 10.000 Schritte am Tag sind wundervoll, aber die mache ich lieber Abends bei einem entspannten Spaziergang und nicht während ich gestresst von A nach B hetzte«, so die Studentin. 

Die drei Studierenden zeigten Fotos von alter und kaputter Technik, jahrzehntealten Chemikalien und Ameisen in den Laboren. Der Personalmangel des Instituts erschwere ihnen ihr Studium zusätzlich. »Eine Lehre, die ihre Inhalte aufgrund fehlenden Personals, Raummangel und fehlender Mittel nur eingeschränkt vermitteln kann, führt zu einer unzureichenden Ausbildung von zukünftigen Apothekern und Pharmazeuten. Eine minimalistische Lehre verhindert Innovationen in der Pharmazie. Beides führt dazu, dass die Qualität der von den Apotheken und Pharmazieunternehmen angebotenen Leistungen deutlich leidet«, betonte Leonie Helfer. 

Unterfinanzierte Apotheken 

Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes (ThAV) erläuterte dem Ausschuss die schwierige finanzielle Situation der Apotheken. »Seit 2013 haben wir keine Erhöhung unseres Fixums für verschreibungspflichtige Arzneimittel. In den neuen Bundesländern macht das Fixum 90 Prozent des Umsatzes aus. Seit 2013 sind die Kosten aber deutlich gestiegen. Es ist mathematisch klar, dass das irgendwann nicht mehr aufgeht«, so Fink. 

Die Apothekerschaft und das gesamte Gesundheitssystem befände sich durch die demografische Entwicklung  und die in den Ruhestand gehenden Babyboomer in einem »Zangenangriff«. »Wir haben viel mehr Arbeit durch die wachende Zahl derer, die Leistungen bekommen. Gleichzeitig haben wir eine abnehmende Zahl von Leistungserbringern. Irgendjemand muss diese Lücke schließen«, erläuterte Fink. In Zukunft müssten die Aufgaben im Gesundheitswesen deshalb logistisch klug verteilt werden. Als besonders niedrigschwellige Dienstleister seien gerade die Apotheken dafür geeignet. 

»Wer Leistungen will, der muss sie auch bezahlen«, sagte auch Ronald Schreiber, Präsident der Landesapothekerkammer Thüringen, in Richtung der anwesenden Politiker. »Das ist in den vergangenen Jahren nicht gemacht worden und das trägt dazu bei, dass die Attraktivität des Berufs schlecht ist.« Die meisten Apotheken würden derzeit schließen, weil sich kein Nachfolger finden ließe.

Schreiber betonte, dass der oft als Problem beschriebene demografische Wandel eigentlich eine gute Sache sei. »Wir wollen ja alle älter werden. Deshalb müssen wir uns alle mit den Folgen auseinandersetzen, und das geht nur mit einem neuen pharmazeutischen Institut hier in Thüringen und mit mehr Studienplätzen«, so der Kammerpräsident. 

Koalitionsvertrag als lang ersehntes Signal 

Im Anschluss nahmen auch die anwesenden Landespolitiker Stellung. Gesundheitsministerin Katharina Schenk betonte, dass ihr Ministerium gegenüber der Bundesregierung immer darauf gedrungen habe, die Situation der Apotheken zu verbessern. »Der aktuell vorliegende Koalitionsvertrag des Bundes sieht explizit die Stärkung der Apotheken, gerade im ländlichen Raum, vor. Neben der Erhöhung des Fixums ist auch eine Aufhebung des Skonto-Verbots geplant«, erklärte Schenk. Offenbar erkenne der Bund die zentralen Herausforderungen der Apothekerschaft.

Ihre Landesregierung habe sich der Idee des »20-Minuten-Landes« verpflichtet. »Dabei spielen die Apotheken als Ort der medizinischen Versorgung und als ersten Anlaufpunkt für viele Bürgerinnen und Bürger eine ganz zentrale Rolle«, so die Ministerin. Der Koalitionsvertrag des Bundes sei daher ein lang ersehntes Signal zur Stärkung der Apotheken. 

Der Bildungsminister Christian Tischner äußerte sich zur gewünschten Modernisierung des Instituts für Pharmazie. Die gegenwärtige Situation sei nicht hinnehmbar, daher habe das Projekt für seine Regierung eine hohe Priorität. Leider gebe es Probleme bei der Finanzierung, die nicht durch den regulären Haushalt gesichert sei.

»Gemeinsam mit der Universität Jena stimmt mein Ministerium derzeit die Möglichkeiten einer zeitlich verschobenen, aber möglichst zeitnahen baulichen Realisierung der Modernisierung des Instituts für Pharmazie ab«, erklärte der Minister. Das Projekt habe für seine Koalition und sein Ministerium höchste Priorität und dieser Verpflichtung werde man auch nachkommen. 

Im Anschluss hatten die Abgeordneten des Landtags die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Die Petition wurde an die zuständigen Fachausschüsse verwiesen.

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