| Daniela Hüttemann |
| 28.09.2023 11:20 Uhr |
Insbesondere letzten Winter haben viele Apotheken Rezepturen von Fiebersäften für Kinder hergestellt. In versorgungskritischen Situationen würden sie gern größere Mengen auf Vorrat herstellen (Defektur). / Foto: Getty Images/Luis Alvarez
Defekturen dürfen Apotheken bislang nur bei häufigen ärztlichen oder zahnärztlichen Verschreibungen anfertigen. »Gerade bei Lieferengpässen ist es aber wichtig, dass Apotheken, soweit möglich, schnell in die Lage versetzt werden, Arzneimittel selbst herzustellen«, heißt es in der Begründung zum Leitantrag 1 beim Deutschen Apothekertag in Düsseldorf. Gestellt hatten ihn die Apothekerkammern Nordrhein, Westfalen-Lippe und des Saarlands sowie der Saarländische Apothekerverein.
Es sind auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel betroffen wie Ibuprofen- und Paracetamol-Säfte für Kinder, für die häufig keine ärztlichen Verschreibungen vorliegen. Insbesondere diese sollen Apotheken auf Vorrat herstellen dürfen, fordert die Apothekerschaft.
Außerdem gilt derzeit, dass Apotheken nur dann Arzneimittel von anderen Apotheken beziehen dürfen, wenn ein dringender Fall vorliegt. »Wenn aber eine Apotheke eine Defektur/Rezeptur nicht herstellen kann, weil zum Beispiel für diese Apotheke die Ausgangsstoffe nicht verfügbar sind oder die personelle Situation der Apotheke dies zum Beispiel aufgrund von Krankheit nicht zulässt, muss rechtlich unzweifelhaft der Bezug einer Defektur/Rezeptur von einer anderen Apotheke möglich sein«, lautet die Begründung der Forderung, dies zu ändern. § 17 Absatz 6c Nr. 5 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) soll entsprechend ergänzt werden, damit Apotheken flexibel auf Lieferengpässe reagieren können.
Zudem fordert der Deutsche Apothekertag, dass es den Apotheken zusätzlich zu den bestehenden Austauschregelungen nach § 129 Abs. 2a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) erlaubt wird, dass bei Nichtverfügbarkeit eines verordneten Fertigarzneimittels der Wirkstoff in einer anderen Darreichungsform an den Versicherten abgegeben werden kann oder durch ein Rezeptur- oder Defekturarzneimittel ersetzt werden darf.
Derzeit ebenfalls nur im patientenindividuellen Einzelfall auf ärztliche Verschreibung ist der Import von in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln möglich. Die Lieferengpässe bei versorgungskritischen Wirkstoffen zeigten, dass diese Mengenbegrenzung kontraproduktiv sei. Denn jeder einzelne Importvorgang ist sehr zeitaufwendig, und das angeforderte Arzneimittel steht auch oft nicht sehr schnell zur Verfügung. Daher soll die Mengenbegrenzung gestrichen werden, sodass sich Apotheken in einem gewissen Rahmen bevorraten können.
Die Antragssteller weisen darauf hin, dass Krankenhausapotheken und krankenhausversorgende Apotheken bereits jetzt berechtigt sind, begrenzte Vorratsbestellungen von in Deutschland nicht zugelassenen, registrierten oder von der Zulassung oder Registrierung freigestellten Arzneimitteln vorzunehmen. »Diese Berechtigung ist auf öffentliche Apotheken auszudehnen, um Liefer- und Versorgungsengpässen frühzeitig begegnen zu können.«
Kritisch sieht die Apothekerschaft jedoch die derzeitige rechtliche Regelung, dass bei einem solchen Import die Apotheke bei eventuellen Mängeln des Arzneimittels haftet, und nicht mehr der Hersteller.
Am besten ist es natürlich, wenn die Hersteller die regulären Arzneimittel liefern. Grundsätzlich müsse Ware bei den Apotheken ankommen (und nicht in andere Kanäle wie den Versandhandel abwandern), hieß es in der Diskussion zu Antrag 1.8.
In diesem Antrag der Sächsischen Apothekerkammer fordert die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker den Gesetzgeber auf, die Pharmaunternehmen stärker in die Pflicht zu nehmen, ihre Arzneimittel angemessen und kontinuierlich bereitzustellen, da dies derzeit nicht vollumfänglich gewährleistet werde.
Dazu gehöre auch die Information aller Apotheken über bestehende Lieferengpässe bei Arzneimitteln. »Unerlässliche Kontingentierung durch die pharmazeutischen Unternehmer ist zeitlich eng zu befristen und zu veröffentlichen. Sie sollte eine absolute Ausnahme darstellen.«