»Apotheken werden verzwergt und mittelfristig demontiert« |
| Melanie Höhn |
| 13.11.2025 14:34 Uhr |
Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbands, prophezeit ein weiteres Apothekensterben, sollte die Apothekenreform des BMG so kommen. / © PZ/Melanie Höhn
Die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) einer Apothekenreform verfehlen aus Sicht von Stefan Fink, Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbandes, ihr Ziel: Statt die wohnortnahe Versorgung zu sichern, beschleunigen sie das Apothekensterben. »Unser berufspolitisches Herz schlägt sehr wild«, machte er aufgrund der jüngsten Pläne aus dem Ministerium deutlich.
Seit Jahren, so Fink, verschwänden Apotheken aus Städten und Dörfern »auf Nimmerwiedersehen« – und mit ihnen gehe »ein Stück Versorgungssicherheit, ein Stück Heimat« verloren. Sie seien eine tragende Säule in der Gesundheitsversorgung, doch sie würden »zurückgelassen ohne eine für uns wirklich zukunftsweisende politische Vision«.
Die Apothekenreform sei kein Versprechen in eine nachhaltige Zukunft der Apotheken und enthalte nicht die Bausteine, um Apotheken nachhaltig und langfristig zu schützen, »sondern überlässt unsere Apothekenstruktur einem sich weiterhin kannibalisierenden Markt«.
»Dieses Gesetz ist alter Wein aus dem Weingut Lauterbach in neuen Schläuchen«: Die vorliegenden Entwürfe würden sich in ihrer »ordnungsrechtlich negativen Konsequenz« nur wenig von den Reformentwürfen aus der vorhergehenden Legislaturperiode unterscheiden, gegen die Tausende Apothekerinnen und Apotheker auf die Straße gingen.
Die Reform folge der Logik, dass das Apothekenwesen fast ausschließlich durch Kostensenkung überlebensfähig sei, weil für die erforderliche Finanzierung schlichtweg der politische Wille fehle, dieses System zu erhalten. Das Ergebnis seien »systemzerstörende Eingriffe in das ordnungsrechtliche Fundament der Apotheken«. Die besondere Stellung des freien Heilberufs und der Institution Apotheke werde »mehr und mehr verwässert«. Fink warnt: »Die Apotheken werden verzwergt und mittelfristig demontiert«.
Zudem beklagt Fink die fehlende finanzielle Basis: »Wir sind in einer Bettelposition, damit der Staat uns das gibt, was er uns im Endeffekt zu zahlen hat.« Apotheken seien bereit, ihren gesellschaftlichen Auftrag zu erfüllen, um die Bevölkerung zu versorgen, doch dafür brauche es eine auskömmliche Honorierung. »Es ist die Aufgabe des Staates, uns so zu honorieren, dass wir unsere Aufgabe erfüllen können«, so Fink. Stattdessen habe die Politik in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer ständigen Systemschwächung beigetragen: »Der Gesetzgeber schützt unser System nicht.« Das Einzige, was den Berufsstand retten könne, sei mehr Geld fürs Fixum und eine »saubere Dynamisierung«, doch dies sei alles nicht zu erkennen.
Neue Aufgaben wie das Impfen, Pharmazeutische Dienstleistungen und Prävention müssten darüber hinaus so honoriert sein, dass es den Betriebsergebnissen Zuwachs bringe und nicht nur mit Arbeit belaste.
Es sei eine »Milchmädchenrechnung«, auf Kostensenkung, eine günstige PTA und Ladenlokale ohne Apotheker zu setzen. »Das ist einfach Unsinn. Es wird unsere eigene Berufung, unseren Berufsvorbehalt zerstören.« Das könnten die Patientinnen und Patienten und die Gesellschaft nicht wollen.
Während der Staat Milliarden in Krankenhäuser investiere, fehle die Bereitschaft, 0,3 Prozent der GKV-Ausgaben für die Fixumserhöhung von 8,35 Euro auf 9,50 Euro umzuschichten. Fink nennt das »wirklich lächerlich«. Dabei leisteten die Apotheken bereits enorme Einsparungen: »Vergessen wir nicht, dass wir den Gesetzlichen Krankenkassen allein durch Erfüllung der Rabattverträge 5,8 Milliarden Euro sparen. Wir sind wirklich ein Schnäppchen für die Gesellschaft«. Trotzdem erkenne die Politik nicht die Notwendigkeit, dieses System so zu stützen, dass es weiterhin trägt.
Fink hob hervor, wie viel Vertrauen Apotheken in den letzten Jahrzehnten aufgebaut hätten: »Wir waren immer da, in Krisen, wenn es schwierig wurde.« Umso härter sei der aktuelle Umgang der Bundespolitik: »Das ist ein Vertrauensbruch.« Was wird passieren? »Das Apothekensterben wird weitergehen, es wird nicht gebremst werden durch dieses Reförmchen, wenn es denn so kommt.«
Auf Landesebene in Thüringen hingegen zeigt sich ein positiveres Bild: »Die Landesregierung sieht uns als einen wichtigen Teil der Zukunfts-DNA des Landes. Das Land haben wir an unserer Seite, und ich denke, wir können darauf vertrauen«, machte er deutlich.
Geschäftsführer Alexander Schneeberg ergänzte, dass es in der Vergangenheit viele Gespräche mit Entscheidern auf Landesebene gegeben habe. »Wir müssen dranbleiben. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, die wir haben«, erklärte er. Doch es brauche die Synergien der Bundesländer; man müsse gemeinsam auftreten und auf Bundesebene organisiert werden.
Nach einer kontroversen Diskussion beschloss die Mitgliederversammlung, dass der bestehende Gedisa-Rahmenvertrag in Höhe von 39 Euro für die Verbandsmitglieder für den Zeitraum vom 1. Januar 2026 bis 31. Dezember 2026 verlängert wird. Der Tenor: Nicht für jede Betriebsstätte lohne sich das Paket, da es dadurch teilweise Doppelstrukturen gebe.
Zudem wurde beschlossen, dass die Finanzierung dieses Rahmenvertrags über eine zeitlich befristete, zweckgebundenen Sonderumlage in Höhe von 39 Euro pro Monat und Betriebsstätte erhoben wird. Virtuell zugeschaltet erörterte Gedisa-Geschäftsführer Sören Friedrich die Rahmenvertragsinhalte.
Auch die Fusion der mitteldeutschen Apothekerverbände war gestern Thema. Man sei sehr weit vorangekommen und befinde sich jetzt auf der Zielgeraden, erläuterte Alexander Schneeberg. Doch der ursprünglich anvisierte Startzeitpunkt zum 1. Januar 2026 könne aufgrund behördlicher Verzögerungen nicht realisiert werden. Einen konkreten neuen Startzeitpunkt nannte er nicht. Man wolle zunächst größtmögliche Sicherheit haben, betonte er. Die Fusion sei der »richtige Schritt, uns als Apothekenleiter stärker zu machen mit einem noch größeren und stärkeren Verband«.