Apotheken nicht als Coffeeshops missbrauchen |
Alexandra Amanatidou |
19.06.2025 17:00 Uhr |
Jens-Andreas Münch bei der Versammlung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt 2025 in Magdeburg. / © AKSA/ Detlef Klauck
»Wir stehen immer noch in puncto Honorierung auf dem Stand von 2014«, sagte Jens-Andreas Münch, der Präsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt (AKSA), gleich zu Beginn seiner Rede. Er listete zahlreiche Themen auf, die nicht nur die Apotheken nicht nur in der Region, sondern auch bundesweit interessieren.
»Auch ich halte die Cannabis-Freigabe wegen der nicht zu leugnenden gesundheitlichen Gefahren nach wie vor für falsch«, so der Präsident der Apothekerkammer zur Cannabis-Legalisierung. Aus seiner Sicht seien die rechtlichen Ausgestaltungen unlogisch und lückenhaft.
»Ich werde mich mit Händen und Füßen dagegen wehren, dass Apotheken als Coffeeshops missbraucht werden.« Auf das Argument, dass Apotheker die Wirkungsweise kennen und den Schutz von Kindern und Jugendlichen sicherstellen können, antwortet er: »Tut mir leid, das sind für mich in diesem Fall vorgeschobene Argumente. Denn mit der gleichen Begründung müssten wir dann auch Alkohol und Tabak vertreiben.« Denn Apothekern es sei aus gutem Grund untersagt, reine Genussmittel abzugeben.
Sollte das passieren, dann »sind wir Drogendealer im Kittel und verlieren das Vertrauen unserer Patienten. Dann steht der Händler im Vordergrund, und so werden wir dann auch behandelt«, mahnte Münch.
Laut Münch entspreche der aktuelle Stand der Apothekenzahl der Zahl der Apotheken Ende der 1970er Jahre. Auch in Sachsen-Anhalt ist die Zahl der Apotheken in den letzten Jahren zurückgegangen.
Dabei sei die Arbeit eher mehr als weniger geworden. Zudem werde die Bevölkerung immer älter, wodurch der Beratungsbedarf steige.
Auch der Versandhandel verschärfe die wirtschaftlichen Probleme der Apotheken. »Schon seit mehreren Jahren baggert ein TV-Moderator, dessen Namen ich leider vergessen habe«, deutete Münch auf Günther Jauch, der Werbung für die niederländische Versandapotheke »Shop Apotheke« macht. »Vielleicht sollte man die Politik doch immer mal wieder daran erinnern, dass es noch ein Mittel gäbe, die wirtschaftliche Lage der Vor-Ort-Apotheken zu stärken (…) nämlich das Verbot des Versandhandels mit Rx-Arzneimitteln«, fügte Münch hinzu.
Die »eigenartigen Ideen« des ehemaligen Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) zur Apothekenreform »sind hoffentlich nicht nur im Schreibtisch, sondern im Schredder verschwunden«, so Münch. Die neue Apothekenreform, die das Bundesgesundheitsministerium veröffentlicht hat, deutete er als zu vage an. »Jeder Tag, an dem die Honorierung nicht endlich angemessen erhöht wird, verschärft die wirtschaftliche Schieflage tausender Apotheken und gefährdet die Versorgung von Patienten«, so Münch.
Münch sagte, dass es nicht per se negativ sei, dass die neue Gesundheitsministerin bislang nicht in der Gesundheitspolitik in Erscheinung getreten war. »Vielleicht geht sie ja gerade dadurch die bevorstehenden Aufgaben unvoreingenommen an und ist für Sachargumente offen.« Außerdem habe sie bereits Dialogbereitschaft signalisiert, beispielsweise indem sie ihre Teilnahme am diesjährigen Apothekertag in Düsseldorf angekündigt hat.
In seiner Rede erwähnte Münch auch den Koalitionsvertrag, denn die Apotheken hätten »wohl selten so viele konkret benannte Maßnahmen in einem Koalitionsvertrag wie in diesem«. Dabei ging es unter anderem um die Erhöhung des Apothekenfixums, wobei für Landapotheken höhere Zuschläge angedeutet werden. »Es dürfen dabei in jedem Fall keine unterschiedlichen Preise entstehen, um die Arzneimittelpreisverordnung nicht zu torpedieren«, mahnte der Präsident der AKSA.
»Es steht dabei sicher nicht zu befürchten, dass der GKV-SV uns freigiebig mit Geld überschütten wird«, sagte er mit Blick auf die künftigen Verhandlungen zwischen Apothekerschaft und GKV-Spitzenverband zur Anpassung der Vergütung. »Daher müssen die Spielregeln der Honorarberechnung definitiv für beide Seiten bindend und sehr konkret gesetzlich fixiert werden«, sagte Münch und fügte er hinzu: »Aber man kann vielleicht gewisse Vorteile darin sehen, dass unser Honorar dann zumindest regelmäßig auf den Tisch kommt und nicht wieder zehn oder mehr Jahre vor sich hin kümmert.«
Michaela Gbur bei der Versammlung der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt 2025 in Magdeburg. / © AKSA/ Detlef Klauck
Die Geschäftsführerin Michaela Gbur stellte einen Vergleich der Altersstruktur in Sachsen-Anhalt mit der im Bundesvergleich dar. Demnach seien die Apotheker in Sachsen-Anhalt jünger als im Bundesdurchschnitt. Während 57,3 Prozent der Apotheker in Sachsen-Anhalt unter 45 Jahre alt seien, seien es bundesweit nur 47 Prozent. Gbur sprach dabei von der »magischen 10-Prozent-Marke«.
Überrascht hat viele im Saal, dass Sachsen-Anhalt laut des diesjährigen ABDA-Berichts die höchste Apothekendichte hat, nämlich 26 Apotheken pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. »Trotzdem sind die Wege viel länger als in Berlin«, so Gbur.
Das Personalproblem sei real und es steige sich immer weiter, während Krankenhäuser und die Wissenschaft an Attraktivität gewinnen. Um dem entgegenzuwirken, sei die AKSA bei Berufsmessen für Schülerinnen und Schüler präsent.
Gbur motivierte die Delegierten, pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) anzubieten, da dies laut einer Umfrage ein wichtiger Faktor für Pharmaziestudierenden bei der Auswahl der Praktikumsapotheke sei. »Ich weiß, es ist immer auch zeitintensiv, aber was tun wir nicht alles für den Nachwuchs«, so Gbur.
Auch über den PTA-Nachwuchs wurde hitzig diskutiert. Dagmar Stein sagte, dass die Zahl der Auszubildenden, die die Prüfung bestehen, sehr gering sei. So bestehen in Halle an der Berufsbildende Schule V nur 16 von den insgesamt 28 Schülern die Prüfung. In Magdeburg seien es sogar nur sechs und in Dessau 13. Viele Schülerinnen und Schüler haben dabei sprachliche Schwierigkeiten, da sie aus dem Ausland kommen.
Bei der Kammerversammlung wurde auch ein Bericht über die Jahresrechnung vorgelegt. Lars-Alexander Mohrenweiser, der zweite Vizepräsident der AKSA, stellte die positiven Zahlen für das vergangene Jahr vor. Katrin Pohl berichtete über die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der AKSA.