Apotheken in Schleswig-Holstein protestieren |
Daniela Hüttemann |
09.05.2023 15:00 Uhr |
Der Rückhalt der Bevölkerung bestärkt die Stolzenburgs und ihr Team. »Die meisten hier sind Stammkunden und vertrauen uns«, so Gaby Stolzenburg. Ihre angestellte Approbierte Susanne Herrmann, die in der Apotheke die Stellung hält, ist sich sicher, dass die Apotheke auch als sozialer Treffpunkt fehlen würde, sollte sie einmal schließen müssen. Sie betont, dass ihr Chef vorher »sein letztes Hemd« auch für sie und die anderen Mitarbeiterinnen geben würde. »Ich liebe meinen Beruf, vor allem das Zwischenmenschliche«, so Herrmann. »Wie dramatisch die Lage für viele von uns ist, ist aber in der Öffentlichkeit immer noch nicht angekommen. Wir werden immer noch für selbstverständlich genommen und viele können sich einfach gar nicht vorstellen, dass wir einmal nicht mehr da sein könnten.«
»Es fehlen die Arzneimittel, es sterben die Apotheken« – so fasst es Stolzenburg, der auch stellvertretender Vorsitzender des Apothekerverbands Schleswig-Holstein ist, die Lage zusammen. »Mit unserem Aktionstag heute wollen wir dafür sorgen, dass die Anregungen und Erfahrungen der Apothekerschaft endlich ernst genommen werden.« Die ABDA unterstützt die Protestaktionen in Schleswig-Holstein und kündigte an, in den nächsten Wochen »immer lauter zu werden«.
Was nicht einmal vielen Apothekern, geschweige den Bürgern und Politikern bewusst ist: »Seit 2020 ist die Versorgung gesetzlich Krankenversicherter mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln für die durchschnittliche Apotheke ein Minusgeschäft und wird nur durch Erlöse aus dem übrigen Warensortiment sowie Glück und Geschick beim Aushandeln von Einkaufskonditionen quersubventioniert – das geht so nicht weiter«, hatte der Verband vorab informiert.
In ganz Deutschland sinkt die Zahl der öffentlichen Apotheken seit einigen Jahren rapide. Ende März fiel die Marke unter 18.000 Betriebe. Allein Schleswig-Holstein mussten in den vergangenen 15 Jahren rund 150 Apotheken ersatzlos schließen – dieses Jahr kamen bereits weitere 17 hinzu oder haben ihre Schließung angekündigt. »Zur Grundsicherung dieser Flächendeckung brauchen wir eine regelmäßige Pauschale für jede Apotheke«, fordert Michaela-Alexandra Banzhaf, stellvertretende Vorsitzende des Apothekerverbands. »Wir brauchen eine Erhöhung der festen Honorierung aus der Arzneimittelpreisverordnung, die auch an die Inflation laufend angepasst wird«, ergänzt der Vorsitzende Hans-Günter Lund.
Denn auch die Personalkosten steigen, durch höheren Personalbedarf und die berechtigen Steigerungen im Tarifvertrag für Apothekenmitarbeitenden. Mit der Bearbeitung der Lieferengpässe sei mittlerweile eine halbe Vollzeitkraft beschäftigt. »Doch anstatt uns diesen Aufwand zu erstatten und die längst überfällige Erhöhung der Apothekenzuschläge vorzunehmen, werden Erlöse seit Februar 2023 durch massive Ausweitung des Apothekenzwangsrabatts gekürzt«, beklagt Lund.
Anlässlich der Kommunalwahl führen die Apotheken neben der wohnortnahen Versorgung auch die attraktiven Arbeitsplätze als ins Feld. »Wir wollen die Arbeitsplätze in den Apotheken schützen und weiter fit für die Zukunft machen. Das erfordert neben der Möglichkeit ein angemessenes Gehalt zu zahlen auch den Abbau der überbordenden Bürokratie«, so Hannes Max Schaefer, ebenfalls Vorstandsmitglied.