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Expopharm

Apotheken als Lotse zu mehr Prävention

Warum ein Perspektivwechsel im Gesundheitswesen weg von Krankheit hin zu mehr Prävention nötig ist und welche wichtige Rolle Frauen – vor allem in Führungspositionen – in diesem Zusammenhang spielen, wurde in einer Diskussionsrunde auf der Expopharm deutlich.
Melanie Höhn
11.10.2024  18:22 Uhr

Brauchen wir mehr Frauen in Führungspositionen, um die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Gesundheitswesen zu revolutionieren? Dass die Antwort eindeutig  ja heißt, darüber waren sich die Teilnehmerinnen im Inspiration Lab auf der Expopharm am Freitagmorgen einig. »Wir wollen, dass das Gesundheitswesen einen Perspektivwechsel erfährt: Weg von einem auf Krankheit fokussierten zu einem mehr Prävention orientierten Gesundheitssystem«, führte Moderatorin und ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Healthcare Frauen, Cornelia Wanke, in das Thema ein. 

Über 440 Milliarden Euro im Gesundheitswesen werden für Krankheit ausgegeben. »Das kann auf Dauer nicht gutgehen«, kritisierte Wanke. »Die Kassen kommen an ihre Finanzierungsgrenzen, alles wird teurer und es kann nicht sein, dass wir uns nur auf Krankheiten fokussieren«. Der Schlüssel zur erfolgreichen Transformation hin zur Prävention sei die interdisziplinäre Zusammenarbeit: »Und wir wissen, dass Frauen Treiber dieser Zusammenarbeit sind.«

»Agieren und nicht zu reagieren«

Davon ist auch Melanie Huml, Staatsministerin a.D. und Landtagsabgeordnete für die Region Bamberg der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, überzeugt: »Es ist wichtig, dass es gemischte Teams gibt, dass unterschiedliche Professionen zusammenarbeiten, damit es Innovationen geben kann. Dafür gehört es auch dazu, dass Frauen dabei sind«. Ihrer Meinung nach haben Frauen oft den nächsten und übernächsten Schritt mit ihm Blick und ein nachhaltiges Denken.

Beim Thema Prävention sei es wichtig zu »agieren und nicht nur zu reagieren«. Weil das Thema für sie so essenziell ist, hat sie in Bayern einen Präventionsplan und das Bündnis für Prävention ins Leben gerufen, denn es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sich mit Vorsorge zu beschäftigen, weshalb sie auch andere Ministerien mit ins Boot geholt habe. Konkret gebe es in Bayern derzeit eine Projektwoche in den Schulen zum Thema Lebensfähigkeit. Langfristig sei die Bestrebung, ein Unterrichtsfach zu etablieren, in dem auch die Themen Prävention und Gesunderhaltung ihren Platz finden.

Apotheken bringen Prävention in die Bevölkerung

Wie wichtig Apotheken im Gesundheitssystem sind, wenn es um das Thema Prävention geht, betonte Anke Rüdinger, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Apothekerverbands. »Apotheken sind prädestiniert, um Präventionsthemen in die Bevölkerung zu bringen. Wir können Themen platzieren und Aktionswochen gestalten«, so Rüdinger. Täglich gebe es über drei Millionen Patientenkontakte.

Eine einfache Form der Prävention seien Impfungen. »Gestern haben wir auf dem Deutschen Apothekertag einen Antrag durchgebracht, dass wir mehr Totimpfstoffe in den Apotheken impfen wollen. Das ist ein wirksamer Baustein zu mehr Prävention«, sagte Rüdinger. Zudem sei es vonnöten, früh anzufangen beim Thema Vorsorge und Kitas und Schulen mit einzubeziehen. Um bisherige Präventionsprogramme zu nutzen, brauche es eine gewisse Gesundheitskompetenz, die erst erlernt werden müsse.

Zudem betonte die Apothekerin, dass es oft Frauen in den Familien seien, die sich für die Gesundheit einsetzen. »Sie sind bei diesem Thema noch ein Stück offener, Grenzen zu überwinden und nach Lösungen zu suchen«, sagte sie. Um diese Thematiken noch weiter anzustoßen, würden Netzwerke helfen, Gespräche seien essenziell. Auch was Frauen an der Spitze von Verbänden betreffe, sei es bedeutsam, sich gegenseitig zu ermutigen. »Meine Erfahrung ist: Frauen ziehen Frauen nach. Wir sind auf einem guten Weg«, erklärte sie.

»Gesundheit im System muss sich lohnen«

Auch Nicole Müller-Coonan, Vorständin Mahle Betriebskrankenkasse, plädierte leidenschaftlich für das Thema Prävention: »Wir müssen dahin kommen, dass sich Gesundheit im System lohnt und bezahlt wird – auch für die Versicherten«. Es sei die Eigenverantwortung der Menschen, sich mit ihrer Gesundheit zu beschäftigen und sich die Hilfe, beispielsweise in der Apotheke, zu holen.

Dass es mehr Frauen in Führungspositionen braucht, damit der Wandel vonstatten gehen kann, davon ist Müller-Coonan überzeugt. »Über 70 Prozent der Beschäftigen im Gesundheitswesen sind Frauen, aber nur 9 Prozent haben Einfluss darauf, wie wir im Gesundheitswesen handeln«, sagte sie. Erfreulich sei, dass die Themen Gendermedizin, Data Gap, Endometriose immer populärer geworden sind. 

»Apotheke ist für uns der Partner vor Ort«

Anja Klauke, Leiterin des Geschäftsfeldes Selbstmedikation vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI), betrachtet Prävention ebenfalls als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. »Aufklärung ist wichtig: Wie viele Mitarbeiter fehlen den Unternehmen, weil nicht rechtzeitig eine Achtsamkeit da war?«, fragte sie in die Runde. »Die Menschen müssen lernen, wie ihr Körper funktioniert und sich um ihn kümmern«. Es sei wichtig, dass Menschen ein Gesundheitsbewusstsein entwickeln und in der Apotheke schildern, was ihnen fehle und wie sie die Zeichen deuten.

Viele Menschen hätten keine Hausärztin oder keinen Hausarzt mehr. »Apotheke ist da ein wichtiger Ort und für uns auch der Partner vor Ort«, so Klauke. »Wir möchten, dass die Menschen beraten und begleitet werden.« Die Apotheke vor Ort sei Lotse und erkläre, wenn die Selbstmedikation nicht mehr ausreiche und ein Arztbesuch nötig sei. »Wir müssen das wieder erlernen und ein Gespür dafür bekommen«, so Klauke.

Was den Kulturwandel weg von der Krankheit hin zu Gesundheit betreffe, könne es starke Impulse von Frauen geben, sagte Prof. Claudia Wöhler, Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bayern. »In den letzten Jahren hat sich der Fokus auf den Mehrwert der Beteiligung von Frauen in den Positionen im Gesundheitswesen verändert«, so Wöhler. Es gebe dahingehend inzwischen eine andere Offenheit in den historischen Strukturen und es sei eine sachorientierte Diskussion über gute Versorgung entstanden.

Darüber hinaus spricht sie von einem »sehr ernsten Krisenmodus« im Gesundheitswesen: »Finanzströme müssen sich verändern. Eigentlich sollten Mensch und Versorgung im Mittelpunkt stehen«, so Wöhler. 98 Prozent der Gelder im Gesundheitswesen würden für Gelder gegen Krankheiten aufgewendet. Zudem müsse sich stärker damit auseinandergesetzt werden, wie Prävention attraktiver werden könne. Wichtig sei auch, dass Frauen sich vernetzen und mit allen Geschlechtern ins Gespräch kommen, auch in den männerdominierten Gremien. »So lange sich das nicht verändert, werden wir immer wieder an Wände stoßen.«

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