Apotheke funktioniert nicht ohne Apotheker |
Apothekerin Kattrin Hildebrandt (links) diskutierte mit der FDP-Gesundheitsexpertin Susanne Schneider über die aktuellen Probleme in der Arzneimittelversorgung und Lösungsansätze. / © AVWL
Das Gespräch geriet immer wieder ins Stocken. Denn alle paar Minuten kam eine Mitarbeiterin mit einer fachlichen Frage dazwischen. Und so musste Kattrin Hildebrandt ihren Gast hinten im Backoffice stehen lassen, damit die Patienten vorn in der Apotheke versorgt werden können. So berichtet der Apothekerverband Westfalen-Lippe von der Begegnung in Dortmund.
Susanne Schneider, Mitglied des NRW-Landtags und Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion für Arbeit, Gesundheit und Soziales, erlebte demnach im Realbetrieb, dass eine Apotheke ohne Apotheker nicht funktionieren würde. Zuvor hatte sich ihre Partei schon in Berlin gegen die Reformpläne des SPD-Gesundheitsministers Karl Lauterbach gestellt, die Präsenzpflicht für Apothekerinnen und Apotheker aufzuweichen.
Dieses Vorhaben ist nun mit dem Ende der Berliner Ampelkoalition vorerst vom Tisch. Welche Probleme weiterhin bestehen – darüber hat sich Schneider, Expertin der NRW-FDP in Gesundheitsfragen, nun in der Westfalia-Apotheke ein Bild gemacht. Vor allem die chronische Unterfinanzierung mache vielen Apotheken zu schaffen, wie Kattrin Hildebrandt laut der Mitteilung erläuterte. Sie ist Mitglied im Beirat des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL). Seit 20 Jahren sei das staatlich geregelte Honorar, das die Apotheken pro abgegebener Packung erhalten, nicht mehr erhöht worden.
Aber auch andere Leistungen, die die Apotheken vor Ort erbringen, seien nicht mehr auskömmlich honoriert. Hildebrandt nanntet die Rezepturen als Beispiel, die Apotheken individuell für Patienten anfertigen. Mitunter müsse man bei komplexeren Fällen in die Herstellung einer Rezeptur inklusive der Dokumentation zwei Stunden Arbeit stecken. Hildebrandt überlegte laut, welches Honorar sie für diesen Aufwand wohl in der IT-Branche bekäme. »Stattdessen erhalten wir für die Herstellung gerade einmal sechs Euro«, sagte sie.
Mittlerweile seien zehn Prozent der Apotheken defizitär und mehr als ein Drittel wirtschaftlich gefährdet. Die Zahl der Apothekenschließungen nehme zu.
Susanne Schneider sieht die wirtschaftlich schwierige Lage und hält eine finanzielle Stabilisierung trotz schwieriger Haushaltslage im Bund nicht für ausgeschlossen: »Es gibt im Gesundheitswesen durchaus Spielräume, Mittel umzuschichten«, zeigte sie sich laut AVWL überzeugt.
»Apotheken tragen heute schon dazu bei, Ausgaben im System zu reduzieren. Wenn unsere heilberuflichen Möglichkeiten noch stärker genutzt würde, könnten wir dieses Potenzial noch besser ausschöpfen, Kosten weiter senken und die Lebensqualität der Patienten verbessern«, so Hildebrandt.
Apotheken müssten noch stärker in Prävention und Primärversorgung der Patienten eingebunden werden und könnten die Gesundheitskompetenz der Bürger stärken. So ließen sich unnötige Folgebehandlungen verhindern
Hildebrandts Apotheke befindet sich in Dortmund-Dorstfeld, einem ehemaligen Arbeiterviertel und einem Stadtteil mit einem hohen Anteil an Bürgern mit Migrationshintergrund. »Viele Menschen hier haben wenig Ahnung von den Gesundheitsmöglichkeiten. Wir helfen ihnen auf den Weg«, so Hildebrandt.