Apotheke dicht, Akutversorgung gesichert |
Brigitte M. Gensthaler |
09.06.2023 15:30 Uhr |
Die meisten Apotheken bundesweit wollen sich am Protesttag beteiligen. Allein in Bayern sind es rund 2500 Apotheken, meldet der Bayerische Apothekerverband. / Foto: IMAGO/Rolf Poss
Am Protesttag am 14. Juni sind bundesweit die meisten Apotheken geschlossen. Die Patienten sollten sich darauf vorbereiten, schreiben die Verbände aus Bayern und aus Thüringen – BAV und ThAV – in Pressemeldungen. Sie empfehlen den Patienten, planbaren Arzneimittelbedarf bereits am Montag oder Dienstag in ihrer Apotheke vor Ort zu organisieren oder bis Donnerstag zu warten und Fragen an das Apothekenteam möglichst vor oder nach dem Protesttag zu klären.
Die Not- und Akutversorgung, zum Beispiel mit Schmerzmitteln oder Antibiotika, sei aber durch Notdienstapotheken gewährleistet, versichern BAV und ThAV. Die nächstliegende Notdienstapotheke könne man in den Tageszeitungen, über die Website www.aponet.de, die mobile Notdienstnummer 22 8 33 oder die Festnetznummer 0800 00 22 833 erfahren.
»Mit dem Protesttag wollen wir zeigen, welche Bedeutung Apotheken für die ortsnahe Arzneimittelversorgung haben«, sagt BAV-Vorsitzender Hans-Peter Hubmann. Aufgrund politischer Versäumnisse sei das Netz an Apotheken immer weiter ausgedünnt: In Bayern gab es laut BAV zum Stichtag 31. Mai genau 2.841 Apotheken – so wenige wie im Jahr 1979. Hubmann verwies auf überbordende Bürokratie und die seit zehn Jahren nicht angepasste Vergütung, die Apotheken pro rezeptpflichtiges Arzneimittel erhalten. »Bei der Abgabe von Arzneimitteln an gesetzlich krankenversicherte Patienten wurde sie im Februar sogar gekürzt. In den vergangenen zehn Jahren sind jedoch Personal-, Betriebs- und Lebenshaltungskosten stark angestiegen.«
Angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten würden sich immer weniger junge Kolleginnen und Kollegen selbstständig machen und es werde immer schwieriger, Fachpersonal zu finden, so Hubmann. Der BAV fordere daher nachdrücklich eine Erhöhung des in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegten Honorars von 8,35 Euro auf 12 Euro und stabile verlässliche Rahmenbedingungen.
Auch Stefan Fink, Vorsitzender des ThAV, macht sich große Sorgen um die Zukunft der Patientenversorgung: »Die Apotheken protestieren, weil die Politik der Bundesregierung die Arzneimittelversorgung der Bürger in Deutschland inzwischen massiv gefährdet.« Zudem moniert er einen »künstlichen Nachwuchsmangel«, weil es trotz großer Nachfrage bundesweit zu wenig Pharmaziestudienplätze gebe. Im Jahr 2022 hätten mehr als 2 Prozent der bundesweit rund 18.500 Apotheken für immer schließen müssen, 10 von 517 allein in Thüringen.
Doch die Bundesregierung verschließe sich fast vollständig den Ratschlägen der Apotheker und nehme keine wirtschaftlichen und fachlichen Notwendigkeiten mehr zur Kenntnis, so Fink. Er spricht von einem »staatlichen Irrweg« und mahnt: »Wenn nicht gehandelt wird, gehen in der Arzneimittelversorgung in Deutschland und Thüringen langsam, aber sicher die Lichter aus.« Die Apotheker müssten jetzt ein spürbares Signal setzen. Die Patienten bittet der Vorsitzende um Verständnis für Einschränkungen am Protesttag. Es sei in ihrem Sinn, dass die Apotheken sich für die Zukunft der Arzneimittelversorgung stark machen.
Mit dem Protesttag will der Berufsstand auf die schwierigen wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen aufmerksam machen und seinen politischen Forderungen Nachdruck verleihen. Bundesweit schließen die meisten Apotheken und/oder planen Protestaktionen.