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Planspiel für Schüler

Apotheke als Cannabis-Aufklärer

Prävention gehört zu den großen und oft noch vernachlässigten Feldern der Gesundheitsversorgung. Apotheken könnten neue Wege gehen – zum Beispiel in Schulen Jugendliche über die negativen Folgen von Cannabis-Konsum aufklären. Die PZ hat zwei Hamburger Apothekerinnen und eine 8. Klasse beim »Planspiel Cannabis« begleitet.
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 27.02.2025  07:00 Uhr

Es ist ein schöner, weitläufiger Neubau, der in Steilshoop direkt neben einer der Hochhaussiedlungen entstanden ist. Der neue »Campus« vereint Grund- und Stadtteilschule, Bücherhalle, Jugendzentrum, VHS, Kinder- und Jugendhilfe, Elternschule, Stadtteiltreff und ein Bistro. 500 Meter entfernt liegt die Askanier-Apotheke von Dorothea Metzner. Gemeinsam mit Annette Sieckmann-Linck, Inhaberin der Elefanten-Apotheke im benachbarten Stadtteil Barmbek, steht sie erneut am Lehrerpult in der Schule am See statt hinter dem HV-Tisch.

Die beiden Heilberuflerinnen haben sich die Zeit genommen, mit allen drei Klassen des achten Jahrgangs das »Planspiel Cannabis« durchzuführen. »Unser Ansatz ist es, Jugendliche aktiv in die Präventionsarbeit einzubinden«, erklärt Metzner. »Statt mit erhobenem Zeigefinger zu warnen, ermöglichen wir den Schülern, sich selbst ein differenziertes Bild zu machen.« Cannabis stand bislang noch nicht auf dem Stundenplan der Klasse bis auf eine Exkursion zur benachbarten Drogenberatung und Suchtprävention »Step in«.

Offizin als Ansprechpartner

»Wir sind hier, um euch über die negativen Folgen von Cannabis-Konsum aufzuklären und zu schützen, gerade auch im Hinblick auf die Legalisierung letztes Jahr«, erklärt Sieckmann-Linck zum Einstieg. Sie und Metzner bieten ihre Apotheken als »Safe Spaces« an, wo die Jugendlichen mit ihren Problemen hinkommen können. »Ihr könnt immer zu uns kommen und wir organisieren euch Hilfe. Dabei gilt für uns übrigens auch die Schweigepflicht.« Ansonsten fällt das Wort Apotheke an diesem Schultag gar nicht mehr.

Beim Planspiel Cannabis geht es nicht darum, die Jugendlichen frontal mit einem klassischen Pharmakologie-Vortrag zu beschulen. Sie sollen sich viel mehr in verschiedene Rollen wie die der Schule, der Polizei oder Politik hineinversetzen, sich mit den Folgen der Legalisierung auseinandersetzen und Lösungen entwickeln.

Anfangs braucht die 8a eine Weile, um sich in das Spiel einzufinden. Die Rollenverteilung dauert etwas, nicht alle sind glücklich damit, die »besorgten Eltern« zu übernehmen, oder wissen nicht recht etwas mit der Drogenberatung anzufangen. An den Tischen der Schule, der Politik und der Polizei wird dagegen direkt rege diskutiert. Und auch der Anbauverein »Kifferfreunde e. V.« denkt darüber nach, wie ein verantwortungsvoller Verkauf funktionieren kann.

Kurze Texte in den Spielbroschüren mit QR-Codes auf weiterführende Links und Videos helfen den Jugendlichen dabei, Argumente zu sammeln und sich mit dem Thema Cannabis und seinen Gefahren vertraut zu machen. Die beiden Apothekerinnen und Schulsozialpädagoge Patrick Simon motivieren, geben Anregungen und provozieren auch hier und da mal eine Reaktion.

Argumente vorlegen, Kompromisse finden

Nach der Pause sollen die einzelnen Gruppen miteinander ins Gespräch gehen. Zwischenzeitlich wird es etwas laut, es wird rumgealbert oder auch hitzig diskutiert, es fliegen ein paar Beleidigungen und auch Hefte durch die Luft. Zur großen Abschlusskonferenz im Stuhlkreis dagegen legt die 8a eine Gesprächsdisziplin hin, wie man sie sich für jeden runden Tisch nur wünschen würde. Sachlich tragen die einzelnen Gruppen ihre Bedenken, Argumente und Forderungen an die anderen vor, zum Beispiel höhere Preise und Besteuerung auf Cannabis, Gesundheitschecks vor dem Konsum oder Melderegister für Konsumenten.

Die Klasse hatte nach eigenen Angaben im echten Leben noch wenig Kontakt mit Cannabis und wünscht sich tatsächlich mehr Schutz. Indem zum Beispiel Eltern und ältere Geschwister ein Vorbild sind und sich Erwachsene generell an die Schutzzonen halten. Denn trotz Legalisierung bleibt das Kiffen in Schulen, auf Kinderspielplätzen, rund um Sportstätten und Kinder- und Jugendeinrichtungen sowie in deren Sichtweite verboten. Die Jugendlichen wünschen sich mehr Kontrollen, zum Beispiel durch Stadtteilpolizisten, vor allem aber auch mehr Hilfsangebote statt Strafen, wenn man Probleme hat.

Wie kam es zur Legalisierung?

Mehrmals kommt die Forderung, die Cannabis-Legalisierung sogar zurückzunehmen oder zumindest ihre Auswirkungen regelmäßig zu überprüfen. Die Meinung und Bedürfnisse von Jugendlichen würden zu wenig mitgedacht.  Daher hätte die Klasse 8a auch gern ein Wahlrecht ab 16.

Vor allem aber sollte es mehr Geld und Mitarbeiter für Hilfsangebote und Prävention geben, findet die 8a, für die diese Form des Lernens vollkommen neu ist. Das habe Spaß gemacht und man habe »trotzdem« was gelernt. Kein einziges Mal kam übrigens die Forderung auf, man wolle als junger Mensch Cannabis einfach mal ausprobieren. Zuvor hatten die beiden Apothekerinnen kurz und sachlich gewarnt, wie schädlich Cannabis sein kann, gerade wenn man in frühem Alter damit anfängt.

Metzner und Sieckmann-Linck sind mehr als zufrieden. Die Jugendlichen haben gemerkt, dass sie und ihre Belange ernst genommen werden und dass es Unterstützungsangebote und Ideen gibt. »Es war faszinierend zu beobachten, wie die Jugendlichen ihre Rollen verinnerlichten und gleichzeitig lernten, andere Standpunkte zu respektieren«, so Sieckmann-Linck. »Die Begeisterung und Konzentration der Schüler war beeindruckend.«

Auch Sozialpädagoge Simon hat nur Gutes über das Planspiel und das Engagement der Apothekerinnen zu sagen: »Die Schülerinnen und Schüler haben wirklich gut mitgemacht und hatten viel Spaß. Die Methode ist wirklich super. So wird das Thema lebendig und die Jugendlichen können sich aktiv Wissen aneignen.« 

Bei Prävention an die Apotheke denken

Dass das »Planspiel Cannabis« so gut ankommt, hängt wohl auch damit zusammen, dass es von Jugendlichen selbst maßgeblich entwickelt wurde, nämlich der Jugendorganisation »Our Generation Z«, die über den »Marktplatz der Gesundheit« eng mit Apotheken zusammenarbeitet. Diese Plattform fördert die lokale Kooperation zwischen Städten, Unternehmen und Apotheken, die sich wiederum verstärkt gemeinsam in Gesundheitsförderung und Prävention engagieren wollen.

»Tatsächlich haben sich die Jugendlichen uns Apotheken vor Ort als Partner gewünscht, auch für andere Themen«, berichtet Metzner. Interessierte Apotheken und Schulen können sich beim Marktplatz der Gesundheit melden. Zudem werden weitere Sponsoren gesucht, um das Programm auszuweiten. Die drei Tage in der Schule am See unterstützte die Hamburger Sparkasse.

Metzner und Sieckmann-Linck sehen Prävention im Gesundheitsbereich als riesiges Thema und auch als Chance für die Apotheken. »Wir wollen unsere Rolle neu erfinden und früher ansetzen, damit die Menschen möglichst gar nicht erst krank werden – das gilt in allen möglichen Bereichen, zum Beispiel auch bei Einsamkeit und psychischen Problemen«, erklärt Sieckmann-Link. »Das gehört zu unserem gesamtgesellschaftlichen Auftrag. Wer, wenn nicht wir, sollte das Thema angehen? Denn uns vertrauen die Menschen, wie Umfragen doch immer wieder zeigen. Wir wollen, dass die Menschen bei Prävention direkt an uns Apotheken denken.«

»Zudem kennen wir die Probleme in unseren Stadtteilen«, ergänzt Metzner. »Wir wollen die Ideen der Schülerinnen und Schüler aufgreifen und uns zum Beispiel besser mit den Kinder- und Jugendärzten und der Drogenberatung vernetzen und auch die Eltern besser aufklären.«

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