AOK drängt auf höhere Sparbeiträge von Apotheken |
Für Beitragssatzstabilität zum Jahreswechsel besteht aus Sicht des AOK-Bundesverbands wenig Hoffnung. / © Imago Images/Niehoff
Die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) war gestern Thema im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages. In einer öffentlichen Anhörung ging es unter anderem um die Sparmaßnahmen, durch die die Regierung im kommenden Jahr rund zwei Milliarden Euro einsparen möchte. Die Bundesregierung will damit erreichen, dass die Krankenversicherung zum 1. Januar nicht schon wieder teurer wird. Die Pläne von Gesundheitsministerin Nina Warken sehen Ausgabenbremsen vor allem bei den Kliniken vor. Der Bundestag soll das Gesetz am Donnerstag beschließen.
Für Beitragssatzstabilität zum Jahreswechsel besteht aus Sicht des AOK-Bundesverbands wenig Hoffnung. Der Verbandsvorsitzende Jens Martin Hoyer fordert nun anlässlich der Anhörung »schnell weitere Maßnahmen, etwa im Arzneimittel- und Apothekenbereich«, so Hoyer. »Durch die Anhebung des Herstellerabschlags von sieben auf 16 Prozent ließen sich kurzfristig 1,8 Milliarden Euro einsparen. Auch könnte die schnelle Rückführung von Mitteln aus dem Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen, die ungenutzt brachliegen, eine zusätzliche Entlastung von 500 Millionen Euro erzielen.«
Darüber hinaus seien schnelle Stabilisierungsmaßnahmen im ärztlichen Bereich geboten, etwa die Bereinigung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung um die extrabudgetäre Vergütung für Terminvermittlung und offene Sprechstunden. Das Einsparpotenzial liegt hier bei etwa 430 Millionen Euro jährlich.
Solche Sparbeiträge von Pharmaindustrie, Apotheken und Ärzten würden für Beitragsstabilität im kommenden Jahr und eine fairere Lastenverteilung zwischen den Akteuren sorgen, so Hoyer. Zur langfristigen Stabilisierung brauche es indes nachhaltigere Maßnahmen wie eine kostendeckende Beitragspauschale für Bürgergeldbeziehende, einen dynamisierten Bundeszuschuss und einen reduzierten Mehrwertsteuersatz auf alle GKV-Leistungen.
Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), erklärte, dass das »Mini-Sparpaket« keine strukturellen Probleme des Gesundheitssystems löse und nicht ausreichen werde, um die Krankenkassenbeiträge 2026 zu stabilisieren. »Die Maßnahmen bleiben weit hinter den kurzfristig möglichen Einsparpotenzialen zurück. Es ist unverständlich, warum die Bundesregierung nicht konsequenter handelt und allen großen Ausgabenbereichen einen Beitrag abverlangt – statt nur auf die Kliniken und die Krankenkassen zu schauen.«
Insbesondere im Arzneimittelbereich würden die Kosten durch die »extrem hohen Preise neuer Medikamente« steigen. Deshalb fordert er, den Herstellerrabatt auf Arzneimittel zu erhöhen. »Diese Maßnahme würde die Beitragszahlenden und die Wirtschaft sofort um Milliarden entlasten. Wir haben mit die höchsten Arzneimittelpreise weltweit. Die Beitragszahler immer weiter auszuquetschen, ist daher grundsätzlich der falsche Weg. Standortförderung ist wichtig, aber nicht auf Kosten der Versicherten.«
Sowohl Baas als auch Hoyer begrüßen die geplante Aussetzung der Meistbegünstigungsklausel im Krankenhausbereich für 2026. Diese müsse allerdings auf Dauer gestellt werden, denn eine einmalige Aussetzung reicht nicht zur nachhaltigen Stützung der GKV-Finanzen, so Hoyer. »Ohnehin erscheint der veranschlagte Einspareffekt zu hoch gegriffen. Durch die aktuelle Tariffinanzierung dürften sich die Einsparungen von 1,8 Milliarden Euro auf zirka 1,3 Milliarden Euro reduzieren«, erklärte er weiter.
Auch Baas hält die dauerhafte Streichung der Klausel für sinnvoll, »weil damit der Anstieg der Zahlungen an die Kliniken auf den tatsächlichen Kostenanstieg begrenzt wird.«
Dass auch die Kassen ihren Beitrag leisten sollen, ist laut Baas richtig. »Aber die vorgesehene Regelung ist aktuell unfair gestaltet. Sie bestraft Krankenkassen, die jetzt schon effizient sind und Versicherte hinzugewinnen, und belohnt Kassen mit hohen Sachkosten und sinkenden Versichertenzahlen.«
Hoyer ergänzte, dass noch ein anderer Faktor für zusätzlichen Druck auf die Beitragssätze sorge: Die Mindestrücklagen bei vielen Krankenkassen seien noch immer nicht aufgefüllt. Beides müsse in die Haushaltsplanungen eingepreist werden.