Antikörper schützt Kinder vor Malaria |
Theo Dingermann |
03.05.2024 16:30 Uhr |
In Mali ist Malaria endemisch. Dort fand eine Phase-II-Studie mit dem monoklonalen Antikörper L9LS statt, der als passive Immunisierung Kinder vor einer Malariainfektion schützte. / Foto: Getty Images/borgogniels
L9LS ist ein humaner monoklonaler IgG1-Antikörper, eine Weiterentwicklung des monoklonalen Antikörpers CIS43LS, der in einer früheren Phase-II-Studie bei Erwachsenen nach intravenöser Verabreichung bis zu 88,2 Prozent Malariainfektionen verhindert hatte. Wie der Vorgänger richtet sich auch L9LS gegen besonders konservierte Epitope im Circumsporozoitprotein von Plasmodium falciparum (PfCSP). Auch die beiden zugelassenen Impfstoffe RTS,S/AS01 und R21/Matrix-M nutzen dieses Target.
Da die intervenöse Applikation eines Antikörpers in Malariagebieten nicht praktikabel ist, wurde L9LS in der Forschungsabteilung der US-Gesundheitsbehörde NIH so entwickelt, dass eine subkutane Applikation möglich ist. L9LS ist abgeleitet von dem natürlich vorkommenden, neutralisierenden Antikörper L9, der aus dem Blut eines Freiwilligen gewonnen wurde, der mit einem Malariaimpfstoff immunisiert worden war.
In einer Phase-I-Studie hatte sich L9LS im Vergleich zu seinem Vorgänger als noch einmal deutlich wirksamer erwiesen. In dieser Studie schützte eine Dosis von 5 mg L9LS pro kg Körpergewicht vier von fünf Erwachsenen vor einer kontrollierten Malariainfektion. Die subkutane Injektion war gut vertragen worden. Jetzt referieren Forschende um Dr. Kassoum Kayentao vom Malaria Forschungs- und Ausbildungszentrum am Mali International Center of Excellence in Research der Universität von Bamako im »New England Journal of Medicine« die Ergebnisse einer klinischen Phase-II-Studie.
An der von der US-Behörde NIAID gesponserten Studie nahmen 225 gesunde Kinder im Alter zwischen sechs und zehn Jahren teil. Sie wurden nach dem Zufallsprinzip in drei Gruppen eingeteilt und dementsprechend einmalig subkutan mit 150 mg L9LS, 300 mg L9LS oder mit Placebo behandelt. Der primäre Wirksamkeitsendpunkt war die erste, durch einen Blutausstrich nachgewiesene Plasmodium-falciparum-Infektion im Rahmen einer Zeit-zu-Ereignis-Analyse. Die Kinder wurden über 24 Wochen mindestens alle zwei Wochen auf den Erreger getestet. Ein sekundärer Wirksamkeitsendpunkt war die erste Episode einer klinischen Malaria, ebenfalls als Zeit-zu-Ereignis-Analyse.
Innerhalb der 24 Wochen nach der Injektion infizierten sich in der 150-mg-Gruppe 36 von 75 Kindern (48 Prozent) und in der 300-mg-Gruppe 30 von 75 Kindern (40 Prozent) mit dem Malariaerreger. Unter den Kindern, die mit Placebo behandelt worden waren, traf dies auf 61 von 75 zu (81 Prozent). Hieraus errechneten die Forschenden eine Effektivität der passiven Immunisierung von 66 Prozent für die 150-mg-Dosis und von 70 Prozent für die 300-mg-Dosis. Eine klinische Malaria trat in der 150-mg-Gruppe bei 21 Kindern (28 Prozent) und in der 300-mg-Gruppe bei 14 Kindern (19 Prozent) auf gegenüber 44 Kindern (59 Prozent) in der Placebogruppe.
Der Impfstoff erwies sich zudem als sicher. Innerhalb der ersten sieben Tage nach der Injektion wurden als einzige unerwünschte Ereignisse leichte, vorübergehende Schwellungen an der Injektionsstelle festgestellt. Auch während des 28-wöchigen Nachbeobachtungszeitraums traten keinerlei schweren Nebenwirkungen auf.
Diese Studie belegt, dass L9LS eine sichere und wirksame Option im Kampf gegen Malaria bei Kindern werden könnte. Allerdings müssen die bisherigen Daten noch durch eine Phase-III-Studie bestätigt werden. Positive Ergebnisse vorausgesetzt, könnte sich die passive Immunisierung mit L9LS auch als eine mögliche Alternative zu einer Chemoprophylaxe anbieten.