Antikörper bremst Komplementsystem |
Sven Siebenand |
10.12.2019 17:14 Uhr |
Bei der Kälteagglutinin-Krankheit attackiert das Komplementsystem die roten Blutkörperchen des Betroffenen. / Foto: Fotolia/royaltystockphoto
Bei der Kälteagglutinin-Krankheit attackiert ein Teil des Immunsystems, das Komplementsystem, fälschlicherweise rote Blutkörperchen des Betroffenen. Die Folgen sind chronische Anämie, Fatigue und eine schlechte Lebensqualität. Retrospektive Analysen zeigen ferner, dass auch die Lebenserwartung der Betroffenen verkürzt ist. Insgesamt ist die Erkrankung äußerst selten. Sie tritt bei schätzungsweise 16 von einer Millionen Menschen auf.
Sutimlimab richtet sich gegen eine Serinprotease des Komplementfaktors C1. Die Hemmung führt dazu, dass die Aktivierung des Komplementsystems nicht erfolgt. Dadurch können Hämolyse und Voranschreiten der Kälteagglutinin-Krankheit gestoppt werden. Die alternative Komplementaktivierung und die Lektine-induzierte Aktivierung bleiben erhalten und damit auch wichtige andere Funktionen des Immunsystems.
In einer 26-wöchigen einarmigen Studie erhielten 24 Patienten an den Tagen 0 und 7 sowie danach wöchentlich eine intravenöse Sutimlimab-Infusion. Fast zwei Drittel der Patienten erreichten in diesem Zeitraum einen Hämoglobin-Wert von mindestens 12 g/dl oder zumindest einen Anstieg des Hämoglobin-Werts um mindestens 2 g/dl gegenüber dem Ausgangswert. 71 Prozent der Patienten benötigten nach der fünften Woche bis zum Studienende keine Erythrozyten-Transfusionen mehr. Zudem zeigte die Studie, dass sich die Hämoglobin-Spiegel nach der Antikörper-Gabe schnell verbesserten. Bereits nach einer Woche war im Durchschnitt eine Erhöhung um mindestens 1 mg/dl gegenüber dem Ausgangswert messbar. Keine Wirkung ohne Nebenwirkung: Bei mehr als 90 Prozent der Patienten traten unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf, teilweise ernstzunehmender Natur.
Bislang gibt es weltweit keine Zulassung für den neuen Antikörper. Sanofi kündigt jedoch an, die Studiendaten demnächst bei der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA einzureichen. Auch in der EU ist das Unternehmen bereits tätig geworden. Die europäische Arzneimittelbehörde EMA hat Sutimlimab den Orphan-Drug-Status zuerkannt.