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Resistenzen

Antibiotika-Pläne der EU werden für die Kassen teuer

Die Kassen dürften angesichts der jüngsten Vorhaben der EU-Kommission die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Die Entwicklung neuer Antibiotika könnte sie künftig teuer zu stehen kommen. Das betonte der EU-Gesundheitspolitiker Peter Liese bei einem Pressebriefing am gestrigen Dienstag.
Jennifer Evans
08.02.2023  11:00 Uhr

Im März will sich die EU mit der Umsetzung der Pharmastrategie befassen und in dem Zuge die gesamte Arzneimittelgesetzgebung reformieren. Unter anderem plant die EU-Kommission als Anreizsystem für die Entwicklung neuer Antibiotika eine Voucher-Lösung. Das geht aus ersten Arbeitsentwürfen zu den vorgesehenen Rechtsakten hervor. Die PZ hatte bereits darüber berichtet.

Um keine neuen Resistenzen zu riskieren, können neue Antibiotika in Zukunft praktisch nur als Reserve dienen und kommen daher nur im Notfall zum Einsatz. »Damit lässt sich natürlich kein Geld verdienen«, betonte Peter Liese, gesundheitspolitischer Sprecher der Christdemokraten im Europäischen Parlament (EVP), bei einem Pressbriefing am gestrigen Dienstag. Rund 1 Milliarde Euro zu investieren und wenig zu verkaufen, lohne sich einfach nicht. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission eine Gutscheinlösung ins Spiel gebracht. Dabei erhält das Unternehmen, das ein neues Antibiotikum mit neuem Wirkmechanismus entwickelt hat, einen Gutschein, mit dem es die Marktexklusivität eines anderen Arzneimittels seiner Wahl um ein Jahr verlängern kann. Dieses Modell ist den Kassen natürlich ein Dorn im Auge, weil die Arzneimittelausgaben damit deutlich steigen. Denn auf diese Weise verlängert sich praktisch der Zeitpunkt, ab wann das Generikum auf den Markt kommen kann.

Kompensation mithilfe virtueller Verkaufszahlen

Nichtsdestotrotz unterstützt Liese dieses Belohnungssystem. Schließlich gelte es, Rahmenbedingungen zu ändern, um Menschenleben zu retten, sagte er. Seinen Angaben zufolge sterben in der EU rund 33.000 Menschen pro Jahr, weil sie sich mit einem multiresistenten Keim infiziert haben. Darüber hinaus hätten einige Unternehmen bereits geeignete Substanzen in der Pipeline, scheuten sich aber vor dem Markteintritt, weil der Aufwand nicht rentabel sei, so der Gesundheitspolitiker. Eine Entschädigung für die Entwicklung neuer Antibiotika muss es seiner Auffassung nach auf jeden Fall geben. Und solange kein besserer Vorschlag auf dem Tisch liege, werde er die Kommission dabei unterstützen, so Liese.

Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Klaus Reinhardt, schlug in diesem Zusammenhang vor, als Berechnungsgrundlage eine virtuelle Verkaufszahl für ein neues Antibiotikum anzunehmen und auf dieser Basis die Pharmafirma zu vergüten. Wichtig ist in seinen Augen ein verantwortungsvoller Umgang mit Antibiotika in der Humanmedizin sowie ein Verbot von Reserve­-Antibiotika in der Tiermedizin. Das Resistenzproblem nannte er eine »schleichende Pandemie«.

Erfolg bei Fristverlängerung bei Medizinprodukten

Neben den Sorgen der Gesundheitsversorgung gibt es auch politische Erfolge zu verzeichnen. Schon in der kommenden Woche werden sich das EU-Parlament und der EU-Rat mit Ergänzungen zur Medizinprodukte-Verordnung befassen und den Vorschlag der EU-Kommission zur Verlängerung der darin vorgesehenen Fristen annehmen. Davon geht Liese aus, der bei dieser Angelegenheit unter anderem eng mit der BÄK zusammengearbeitet hatte. Das Problem: Die Anforderungen an Studien, Dokumentationen und Audits sind mit der sogenannten Medical Device Regulation (MDR) gestiegen und die Benannten Stellen kamen mit der Zertifizierung der Medizinprodukte nicht mehr hinterher. Weil es daraufhin zu Engpässen kam, war ein Schnellfahren der EU nötig geworden.

Geplant ist seitens der EU-Kommission nun, die Übergangsfristen von der Risikoklasse eines Medizinprodukts abhängig zu machen. Produkte höherer Risikoklassen sollen ihre Zertifizierung bis Dezember 2027 bekommen, jene aus einer mittleren oder geringeren Risikoklasse haben bis Dezember 2028 Zeit. Außerdem soll die Abverkaufsfrist für alle Medizinprodukte entfallen, die bereits nach geltendem Recht in Verkehr gebracht wurden und noch verfügbar sind. Ziel ist es, sie damit auf dem Markt zu halten.

Damit seien aber noch nicht alle Probleme gelöst, bemerkte der Europaabgeordnete Liese. Für Hersteller von Nischenprodukten geht die Rechnung nach wie vor nicht auf und einige müssen ihre Produkte vom Markt nehmen. In diesem Bereich bedürfe es dringend noch »gezielter Lösungen«, so Liese.

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