Alles dreht sich um die Filialleitung |
Cornelia Dölger |
20.05.2024 08:00 Uhr |
Als entscheidend für den Erfolg einer Filiale wertet die Treuhand die Rolle der Filialleitung. Deren Aufgaben müssten klar definiert und schriftlich festgehalten werden. / Foto: Getty Images/ Mladenbalinovac
Eine Filiale rentabel zu führen, ist möglich – aber nicht garantiert, so lassen sich die Tipps der Treuhand Hannover zu Filialgründungen zusammenfassen. Grundsätzlich, heißt es im jüngsten Treuhand-Newsletter, sollte der Betrieb einer oder mehrerer Filialen immer eine bewusste, strategische Entscheidung sein. Und: »Wer sich mit einem Betrieb ausgelastet fühlt, sollte sich gut überlegen, ob und wie er die zusätzlichen Aufgaben managen kann.«
Davon gibt es nämlich einige, angefangen damit, dass der Inhaber oder die Inhaberin die eigenen Managementqualitäten ausbauen müsse. »Pharmazeutisches Wissen und der Kundenkontakt treten in den Hintergrund, stattdessen muss mehr organisiert und geführt werden«, erklärt die Treuhand. Neue Aufgaben müssten delegiert werden, was neue Strukturen erfordere. Hier rät die Treuhand, Filialverbünde in Verantwortungsbereiche zu gliedern, Fachteams zu bilden und Teamleiter zu ernennen.
Als entscheidend für den Erfolg einer Filiale wertet die Treuhand die Rolle der Filialleitung. Deren Aufgaben müssten klar definiert und schriftlich festgehalten werden. Hochqualifiziertes Personal, das möglichst eigenverantwortlich arbeite, entlaste den Inhaber oder die Inhaberin am meisten, aber diese Variante sei nicht für alle Aufgaben und Funktionen geeignet.
Vielmehr dürfe die Filialleitung oftmals eingeschränkt entscheiden, etwa indem er oder sie bestimmte Entscheidungen nur nach Rücksprache treffen darf oder die Entscheidungen eine gewisse Tragweite nicht übersteigen dürfen (zum Beispiel bei Investitionen). Besonders sensible Aufgaben muss der Inhaber demnach selbst übernehmen, etwa Personalfragen oder das Aussprechen arbeitsrechtlicher Maßnahmen.
Bei der Auswahl solle der Inhaber darauf achten, dass die Person unternehmerisch denkt und motiviert ist. Filialleitungen würden häufig übertariflich bezahlt, teilweise auch mit Bonussystemen, die sie am Ergebnis beteiligen.
Um die »richtige« Filiale zu finden, gelte es zu prüfen, ob die Standortfaktoren günstig seien und ob entscheidende Änderungen für die Zukunft anstünden.
Relevant sind demnach folgende Faktoren:
Ob sich eine Übernahme lohnt, lasse sich per Rentabilitäts- und Verfügungsbetragsberechnung herausfinden. Maßgeblich ist demnach der Verfügungsbetrag, also das »Nettoeinkommen« des Selbstständigen. Er speist sich aus dem Gewinn einer Filiale, der dem Inhaber zusätzlich zum Ergebnis der Hauptapotheke zugerechnet wird.
Auf den Gewinn der Filiale wird zwar auch Einkommensteuer fällig, aber die Aufwendungen zum Beispiel für das Versorgungswerk oder die Krankenversicherung erhöhen sich nicht weiter. Tilgungen von Darlehen müssten dem aber gegenübergestellt werden. Nach Steuern, Vorsorge und Tilgung im Verbund müsse mehr Geld zur Verfügung stehen als vorher – dann sei die Filiale rentabel.
Bei den Erträgen gibt es allerdings eine sehr ungleiche Verteilung, was laut Treuhand eine Ursache dafür sein kann, dass die Zahl der Zweigstellen immer weiter sinkt. Denn viele Filialen – so analysiert die Treuhand beruhend auf Zahlen aus dem Jahr 2023 – lägen beim Gewinn vor Steuern deutlich unter dem Durchschnitt. Der Gewinn vor Steuern lag demnach für eine durchschnittliche Filiale bei 92.500 Euro. Das Betriebsergebnis vor Steuern der Filialapotheken lag 2023 bei 2,9 Prozent des Umsatzes, während die Einzelapotheke über vier Prozent erzielte.
20 Prozent der Filialen erwirtschafteten allerdings Verluste, 18 Prozent erreichten nicht einmal die Hälfte des durchschnittlichen Gewinns. »Hochgerechnet wären das 1.750 Filialbetriebe in Deutschland, die sich in einer wirtschaftlich prekären Lage befinden.«
Andersherum gibt es laut Treuhand aber auch viele Filialen, die die Hauptapotheke wirtschaftlich überflügeln. Ein Drittel bringe gleich viel oder mehr ein als die zugehörige Hauptapotheke. Was die wirtschaftliche Basis, Marktmacht und Wettbewerbsstellung angeht, seien Filialen also durchaus in der Lage, sich von der Hauptapotheke abzusetzen.
Seit 2004 das Mehrbesitzverbot gelockert wurde, kann jeder Apotheker neben der Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken in räumlicher Nähe betreiben. Zunächst stieg die Zahl der Zweigstellen stetig, dieser Trend ist aber gebrochen; laut Treuhand sinkt die Zahl seit 2022. Der ABDA zufolge gab es Ende vergangenen Jahres 4.621 Apothekenfilialen in Deutschland.