AKNR klagt gegen Online-Plattform |
Lukas Brockfeld |
21.02.2025 08:00 Uhr |
Bald könnte es deutlich schwerer werden, medizinisches Cannabis aus der Apotheke zu bekommen. / © Imago/Torsten Leukert
Am 1. April 2024 wurde Cannabis in Deutschland unter strengen Auflagen legal. Ein erklärtes Ziel der damaligen Ampelregierung war die Eindämmung des Schwarzmarktes. So sollten Konsumierende vor schädlichen Beimengungen und Verunreinigungen geschützt werden. Gleichzeitig wollte man der organisierten Kriminalität Einnahmen entziehen. Für das legale Cannabis waren zwei Bezugswege vorgesehen: Der gemeinschaftliche und nicht kommerzielle Anbau in sogenannten Cannabis Social Clubs sowie der private Anbau in den eigenen vier Wänden.
Die Cannabis Social Clubs müssen sehr strenge Auflagen erfüllen, um eine Zulassung zu erhalten und den Betrieb aufnehmen zu dürfen. Gleichzeitig wird den zuständigen Behörden der Bundesländer immer wieder vorgeworfen, die Genehmigungsverfahren absichtlich zu verzögern. Laut dem Dachverband Deutscher Cannabis Social Clubs gibt es in ganz Deutschland aktuell nur 106 Anbauvereinigungen. Diese dürfen maximal 500 Mitglieder haben und ihre Erzeugnisse nur an diese abgeben.
Über die Cannabis Social Clubs können demnach aktuell maximal 53.000 Menschen versorgt werden. Nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit haben im Jahr 2021 etwa 4,5 Millionen Erwachsene mindestens einmal in den vergangenen zwölf Monaten Cannabis konsumiert. Die Anbauvereinigungen können den Bedarf also bei weitem nicht decken. Auch der Eigenanbau ist für viele Konsumentinnen und Konsumenten keine attraktive Option, da er relativ viel Platz und Aufwand erfordert. Trotz des kontrovers diskutierten Cannabisgesetzes bleibt es also schwierig, an legales Gras zu kommen.
Im Zuge der Legalisierung hat sich allerdings ein vermeintliches Schlupfloch aufgetan. Da Cannabis seither nicht mehr als Betäubungsmittel klassifiziert wird, können Ärzte Medizinalcannabis einfach per Privatrezept verschreiben. Einige Menschen versuchen daher, medizinisches Cannabis für ihren Freizeitkonsum zu bekommen.
Das machen sich Plattformen wie »Dr. Ansay« zu Nutze. Hier werden ohne großen Aufwand Cannabis-Rezepte ausgestellt. Oft muss dafür nur ein Fragebogen ausgefüllt werden, in dem die Kundinnen und Kunden beispielsweise angeben, an Schlafstörungen zu leiden. Die Plattformen werben explizit mit Cannabis und wirken eher wie Onlineshops, als wie telemedizinische Dienstleister.
Die Legalität dieser Angebote wird hinterfragt: Die Apothekerkammer Nordrhein hat nach eigener Aussage schon mehrere Plattformen abgemahnt. Am Dienstag begann außerdem vor dem Landgericht Hamburg ein Zivilverfahren gegen eine dieser Plattformen.
Die AKNR, vertreten durch deren Geschäftsführerin und Justiziarin Bettina Mecking sowie Rechtsanwalt Morton Douglas, sieht in dem Bewerben von »Kiffen auf Rezept« Verstöße gegen das Heilmittelwerbegesetz und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Der einfache Fragebogen zur Rezeptausstellung genüge nicht den medizinischen Standards einer telemedizinischen Konsultation.
Am Dienstag wurden vor Gericht die Argumente beider Seiten ausgetauscht. Eine Entscheidung ist für den 11. März angekündigt. »Normalerweise bin ich mit Einschätzungen vorsichtig, aber hier deuten einige Aussagen des Gerichts darauf hin, dass dieses die erheblichen Gefahren des Geschäftsmodells der Beklagten erkannt hat und daher in unsere Richtung tendiert«, erklärte Morton Douglas in einer Pressemitteilung der AKNR.
AKNR Geschäftsführerin Mecking warnte vor der aktuellen Situation: »Einige Plattformen bewerben sich als vermeintlich legale Alternative zum Dealer – das ist besorgniserregend und definitiv ein Fall für die Aufsichtsbehörden. Die werden das Urteil sicher mit genauso großer Spannung erwarten wie wir. Abzuwarten bleibt außerdem, ob die Politik zeitnah für klarere Regeln sorgen wird.«
Auch der Bund Deutscher Cannabis-Patienten unterstützt die Initiative der AKNR: »Wir begrüßen sehr, dass die Apothekerkammer Nordrhein gegen solche Fehlentwicklungen vorgeht«, so Michael Kambeck. »Von Beginn an haben wir beklagt, dass einige Anbieter mit Rappern werben, mit einfachen Online-Fragebögen, Sonderangeboten und Sortennamen, die eher an Cheesecake erinnern. Nur wenn Medizin und Freizeitnutzen klar getrennt bleiben, kann Cannabis als seriöse Medizin eine Chance haben und vielen Menschen geholfen werden.«