AIDS-Fachverbände schreiben an Lauterbach |
Mehrere Fachverbände aus der HIV-Versorgung fordern von der Politik Lösungen gegen die Lieferengpässe. / Foto: Adobe Stock/wladimir1804
Vor einem Monat hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Versorgungsmangel für Arzneimittel mit Emtricitabin und Tenofovirdisoproxil offiziell festgestellt. Vor dem aktuellen Hintergrund fordern die Fachverbände verschiedene Maßnahmen von der Politik. So müsse die Produktion unverzichtbarer Arzneimittel wieder verstärkt in Europa stattfinden und die Konzentration auf wenige Hersteller vermieden werden.
Gezeichnet wurde der offene Brief von der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG), der Deutschen Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä), der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken (DAHKA) sowie der Deutschen Aidshilfe (DAH).
Die Fachverbände wollen wissen, welche Rolle die Preis- und Rabattierungsmechanismen im deutschen Gesundheitssystem spielen, die zu den aktuellen Lieferengpässe führen. Diese müssten zudem mit geeigneten Meldeverfahren und Warnsystemen früher festgestellt und öffentlich nachvollziehbar werden, damit die zuständigen Stellen schnell darauf reagieren könnten. Finanzielle Risiken für Praxen und Apotheke müssten verhindert oder verlässlich ausgeglichen werden, so eine weitere Forderung der Verbände.
Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil-haltige Arzneimittel waren über Monate nicht erhältlich. Dabei handele es sich um das einzige HIV-Präparat, das als medikamentöse Prophylaxe zugelassen ist. Auch in der HIV-Therapie spiele es eine wichtige Rolle. Das BMG habe dennoch erst sehr spät den Mangel offiziell bestätigt. Von einer verlässlichen Verfügbarkeit könne noch lange nicht die Rede sein, auch wenn es zuletzt wieder erste Lieferungen gab.
»Dass ein lebenswichtiges HIV-Medikament über längere Zeit nicht mehr lieferbar ist, darf sich nicht wiederholen. Die Prävention hat Schaden genommen, viele Menschen wurden verunsichert und Risiken ausgesetzt. Jetzt muss die Politik die Versorgung langfristig sichern und Vertrauen zurückgewinnen«, erklärte Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe.
Apotheker Erik Tenberken, Vorstand der DAHKA, sieht auch die Industrie in der Pflicht: »Pharmafirmen dürfen nicht den Anschein erwecken, lieferfähig zu sein, wenn sie es in Wirklichkeit nicht sind. Es braucht klare Definitionen der Lieferfähigkeit und Kontrollen. Die sichere Versorgung der Patienten muss an erster Stelle stehen, nicht die wirtschaftlichen Interessen der Hersteller.«