Ärzte warnen vor Schmerzmittel-Missbrauch im Sport |
Daniela Hüttemann |
26.10.2020 14:24 Uhr |
Zähne zusammen beißen? Wer Schmerzen beim Sport hat, sollte auf seinen Körper hören. / Foto: Getty Images/martin-dm
Während Erwachsene und Senioren nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) eher wegen Muskel- und Gelenk- und Knochenschmerzen einnehmen, sei die Motivation im Nachwuchssport die verbreitete Annahme, mit Schmerzmitteln einem unspezifischen »Belastungsschmerz« in Wettkampfsituationen lindern oder vorbeugen zu können, heißt es in einer Pressemitteilung der Fachgesellschaft.
Aus dem Spitzensport sei ein solcher Missbrauch bereits seit vielen Jahren bekannt, doch deuten neuere Fragen unter Laien darauf hin, dass auch hier das Problem zunimmt. Zum Beispiel habe in einer aktuellen, sportartübergreifenden Studie unter 313 Nachwuchsathleten im Alter von 18 bis 20 Jahren aus den USA jede vierte weibliche Sportlerin und jeder fünfte männliche Athlet angegeben, NSAR einzunehmen. Nebenwirkungen würden unterschätzt und die Hemmschwelle zur unsachgemäßen Einnahme gesenkt, da viele Schmerzmittel rezeptfrei erhältlich seien, aber rezeptpflichtige Dosen eingenommen werden können.
»Durch falsche Vorbildfunktion, fehlende Aufklärung und resultierende Gewohnheitsbildungen können eine Selbstverordnung und Selbstmedikation der hoch potenten NSAR entstehen – und das oftmals in Unkenntnis über das erhebliche Nebenwirkungs- und Gefahrenpotenzial«, warnt die GOTS.
Unter sportlicher Belastung könnten die Auswirkungen einer Hemmung der Prostaglandin-Synthese durch NSAR verstärkt werden, zum Beispiel durch Umverteilung des Blutvolumens zugunsten der Skelettmuskulatur, Flüssigkeitsverlust und die erhöhte Herz-Kreislauf-Belastung. Es drohten erhebliche gesundheitliche Risiken beim NSAR-Gebrauch im Sport.
Die Sportmediziner warnen insbesondere vor einem erhöhten Risiko für Magen-Darm-Geschwüren mit Blutungen, arteriellen thrombotischen Ereignissen wie Herzinfarkten, einer verminderten Nierenperfusion bis hin zum akuten Nierenversagen, Stressfrakturen oder schlechtere Sehnen- und Knochenheilung nach Überlastung.
Trainer müssten ihre Schützlinge über die Gefahren der Schmerzmitteleinnahme im Sport hinweisen. In der Praxis des Leistungssports habe es sich bewährt, vor der Einnahme jeglicher pharmakologischer Substanzen Rücksprache mit dem betreuenden Sportarzt zu halten – im Breitensport jedoch fehlten solche Ansprechpartner häufig ganz.
»Beschwerden und Schmerzen während des Sports müssen professionell von medizinischer Seite abgeklärt und keinesfalls mit Medikamenten in Eigenregie therapiert werden«, betont Privatdozent Dr. Thilo Hotfiel, Orthopäde, Unfallchirurg und Vorstandsmitglied der GOTS. »NSAR-Präparate weisen ein erhebliches Nebenwirkungs- und Gefahrenpotenzial auf.« Sind Medikamente während des Sports medizinisch notwendig, sollten sie unter strenger Indikationsstellung, Abklärung des individuellen Risikoprofils und möglichst nur kurzfristig eingesetzt werden.
Schmerzmittel sollten nicht genommen werden, um die individuelle Belastungsfähigkeit auszudehnen. Anders gesagt: Sportler sollten es nicht übertreiben und einer Überlastung schon gar nicht mit Schmerzmitteln vorbeugen.