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Badedermatitis

Abkühlung mit Nebenwirkungen

Bei sommerlichen Temperaturen bringt ein Sprung in einen Badesee angenehme Abkühlung. Er kann aber auch unangenehme Folgen haben: Ab Wassertemperaturen von 20 Grad Celsius schwärmen Wurmlarven aus und können bei Menschen eine Badedermatitis auslösen.
Christiane Warnck
23.08.2019  17:00 Uhr

Die Badedermatitis wird auch Zerkarien-Dermatitis, Schistosomen-Dermatitis oder im Volksmund Entenpocken genannt. Verursacht wird sie durch den Kontakt mit Zerkarien. Dies sind die Larven von kleinen, zu den Pärchenegeln (Schistosomen) zählenden Saugwürmern (Trematoden) der Gattung Trichobilharzia. Sie kommen bevorzugt in flachen Binnengewässern vor, deren Uferbereich stark mit Pflanzen bewachsen sind. In diesem Bereich halten sich viele Wasservögel und Schnecken auf, die der Parasit für seine Verbreitung benötigt.

In der Regel sind Wasservögel wie Enten, Schwäne oder Möwen als Endwirt das eigentliche Ziel der ausschwärmenden Zerkarien. Die Larven dringen in die Haut der Wasservögel ein und gelangen über das Blutgefäßsystem in die Venen des Darmes. Im Darm entwickeln sie sich zu ausgewachsenen Saugwürmern, deren Eier mit dem Kot der befallenen Tiere ins Wasser gelangen. Im Wasser wird daraus das erste Larvenstadium, die Wimpernlarve. Sie befällt Süßwasserschnecken als Zwischenwirt, um in diesen dann das zweite freie Larvenstadium (Zerkarie) zu erreichen. Bei Wassertemperaturen von mehr als 20 Grad Celsius verlassen die Zerkarien ihren Zwischenwirt und schwärmen in das Wasser aus, um zur Wasseroberfläche zu gelangen. Hier schließt sich der Lebenszyklus, in dem die an der Wasseroberfläche treibenden Zerkarien erneut Wasservögel befallen. Ohne Wirt können sie nur zwei bis drei Tage im Wasser überleben.

Mensch als Fehlwirt

Die Hauptschwärmzeit der Zerkarien beginnt im Frühsommer und erreicht im Spätsommer einen zweiten Höhepunkt. Dieser Zeitraum fällt genau in die Badesaison. Da die ausschwärmenden Zerkarien von allen Warmblütern angelockt werden und sie zudem mit einer Größe von 0,6 mm für das menschliche Auge nicht sichtbar sind, ist ein ungewollter Kontakt mit Menschen kaum zu vermeiden.

Ein versehentliches Verschlucken der Zerkarien beim Baden ist unschädlich, da die Infektion nur über die Hautoberfläche verläuft. Befallen die Zerkarien die menschliche Haut, so können sie diese nicht durchdringen. Sie bleiben in der Hautoberfläche stecken und sterben nach kurzer Zeit ab. Der Mensch ist somit nur ein Fehlwirt, der für die Weiterentwicklung der Zerkarien ungeeignet ist. Die heimischen Pärchenegel lösen beim Menschen in aller Regel nur eine harmlose, wenn auch unangenehme Badedermatitis aus, die selbstlimitierend verläuft. Daher ist eine Behandlung mit Wurmmitteln unnötig.

Bei erstmaligem Kontakt mit Zerkarien kommt es meist nur zu einer geringen Hautreaktion. Erst bei erneutem Befall fällt die Abwehrreaktion des sensibilisierten Immunsystems stärker aus. Nach dem wiederholten Befall mit Zerkarien tritt innerhalb weniger Minuten an den betroffenen Hautarealen ein starker Juckreiz ein. Innerhalb der nächsten 24 Stunden werden dann rote Flecken sichtbar, die einen Durchmesser von ungefähr 0,5 cm erreichen können. Am zweiten und dritten Tag nach dem Kontakt mit den Larven bilden sich juckende Quaddeln.

In der Regel heilt die ödematöse Hautveränderung innerhalb von 10 bis 20 Tagen wieder ab. Ein Aufkratzen der Quaddeln sollte vermieden werden, um Sekundärinfektionen zu verhindern. In seltenen Fällen können bei hypersensibilisierten Personen Fieber und Schockzustände auftreten.

Um dem Befall mit Zerkarien vorzubeugen, wird empfohlen, beim Baden auf einen längeren Aufenthalt in warmen Flachwasserbereichen mit Ufervegetation und Wasservögeln zu verzichten und lieber zügig in tiefere, kühlere Bereiche zu schwimmen. Insbesondere ein Bad in den frühen Morgenstunden, in denen die Schnecken die Zerkarien freisetzen, sollte an heißen Tagen vermieden werden. Nach Verlassen des Wassers soll die nasse Badebekleidung zügig abgelegt und der Körper mit einem Handtuch kräftig abgetrocknet werden, um das Eindringen der Zerkarien in die Haut zu verhindern.

Lokal behandeln

Die Symptome einer Badedermatitis können durch eine Lokalbehandlung mit Zinkoxid-Schüttelmixtur, Antihistamin-haltigem Gel oder Corticoid-haltiger Creme gelindert werden. Bei sehr starkem Juckreiz kann die Einnahme von Antihistaminika empfohlen werden.

Zudem gibt es im DAC/NRF einen Rezepturhinweis für eine Niclosamid-haltige Rezeptur, die vor dem Baden aufgetragen einen Kontakt mit Zerkarien verhindern soll. Das Anthelmintikum Niclosamid ist für Apotheken jedoch nicht als Rezeptursubstanz mit Prüfzertifikat erhältlich. Stattdessen können die als Fertigarzneimittel erhältlichen Kautabletten (Yomesan 500 mg) zermörsert werden. Die Empfehlung beruht auf Untersuchungen der Universität Erlangen, nach denen Niclosamid eingearbeitet in lipophilen Cremes in Konzentrationen zwischen 0,05 und 1 Prozent einen vollständigen Schutz vor Zerkarien bewirken.

Das Umweltbundesamt bittet darum, einen Befall mit Zerkarien den zuständigen Behörden zu melden, damit diese bei massenhaftem Vorkommen der Zerkarien ein Badeverbot verhängen oder vom Baden abraten können. Bisher sind in Deutschland noch keine tropischen Saugwurmlarven aufgetreten, die Bilharziose verursachen können. In Korsika wurde über Infektionen mit Schistosoma haematobium, einem der Bilharziose-Erreger, vor einigen Jahren berichtet. Zusätzlich zu den Symptomen der Badedermatitis treten bei diesen Infektionen noch weitere Symptome wie Fieber, Schüttelfrost, Muskelschmerzen, Leber- und Milzschwellungen auf, da auch innere Organe befallen werden . Dann ist eine anthelmintische Therapie, zum Beispiel mit Praziquantel, erforderlich. Etwa 200 Millionen Menschen weltweit erkranken jedes Jahr an Bilharziose. 

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