ABDA schreibt an Buschmann, Habeck & Co. |
Alexander Müller |
28.06.2024 12:00 Uhr |
Neben Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat die ABDA noch weitere Kabinettsmitglieder angeschrieben. Ziel ist es, das geplante Apotheken-Reform-Gesetz abzuwenden. / Foto: IMAGO/Metodi Popow
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat die Bedenken der Apothekerschaft gegen seine Reformpläne in den Wind geschlagen. Der Referentenentwurf aus seinem Haus war aus Sicht der ABDA noch schlimmer als die vorher bekannten Eckpunkte.
Aus den Bundesländern kommen zwar positive Signale in Richtung der Apothekerschaft. Aber das Gesetz wird nicht zustimmungspflichtig im Bundesrat sein, weshalb hier echte Unterstützung nicht zu erwarten ist. Größere Hoffnungen ruhen daher vor allem auf dem parlamentarischen Verfahren und den Ampel-Abgeordneten im Bundestag.
Doch bevor es so weit ist, muss Lauterbach seinen Entwurf erst noch durchs Kabinett bringen. Und hier setzt ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening gezielt mit Schreiben an Ministerien an, die für die Apotheken von hervorgehobener Bedeutung sind.
Im vorgestern verschickten Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) appelliert die ABDA an den Liberalen, sich für den freien Beruf Apotheker einzusetzen. »Der Apothekeninhaber ist in dem Bild, wie es sich das Bundesgesundheitsministerium von der Versorgung macht, kein Heilberufler mehr. Der freie Heilberufler wird zum reinen Kaufmann degradiert«, so Overwiening.
In der Reform sind weitreichende Lockerungen für Filialapotheken vorgesehen. Overwiening finde es fraglich, wie groß der Einfluss des Inhabers auf die einzelnen, apothekerlosen Apotheken sein könne, wenn eine Anwesenheitspflicht von lediglich 8 Stunden pro Woche vorgeschrieben wird. Zudem drohe ein massiver Stellenabbau: »Das Ministerium spricht diesen Menschen ihren beruflichen Wert ab«, schreibt Overwiening.
Abschließend bittet sie Minister Buschmann, dem Apotheken-Reformgesetz (ApoRG) im Kabinett nicht zuzustimmen. Eine grundlegende Überarbeitung des Entwurfs im Dialog mit den Apothekern sei jetzt angezeigt.
Zuvor wurde schon Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf die zu befürchtenden Einschränkungen im Versorgungssystem aufmerksam gemacht, sollte Lauterbach seinen Plan der apothekerlosen Apotheke umsetzen. Die erst kürzlich eingeführten Impfungen in Apotheken würden deutlich zurückgehen, warnt die ABDA-Präsidentin.
Bundesarbeitsminister Huberts Heil (SPD) wurde in einem Schreiben vorgerechnet, dass der Wegfall von 40.000 Arbeitsplätzen für Apothekerinnen und Apotheker droht, wenn die Inhaberinnen und Inhaber aufgrund des wachsenden Wettbewerbsdrucks nur noch die gesetzlich vorgeschriebene Minimalbesetzung wählen.
Allein 2023 hätten 559 Apotheken aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen, berichtet Overwiening an den Arbeitsminister. »Dabei bot jede Apotheke durchschnittlich 8,9 Arbeitsplätze.« Allein im vergangenen Jahr seien also rund 5.000 Personen von Apothekenschließungen betroffen gewesen – wohnortnahe Arbeitsplätze mit sehr hoher Frauenquote wohlbemerkt. Für 2024 zeichne sich eine deutliche Verstärkung dieser Entwicklung ab.
Gegenüber Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) stellt die ABDA die wirtschaftliche Bedeutung der Apotheken in den Vordergrund. Diese seien mit einem Umsatz von rund 66 Milliarden Euro »ein relevanter und bislang zuverlässiger Wirtschaftsfaktor für Deutschland«.
Die geplante Apothekenreform des BMG jedoch werde die Resilienz des Apothekennetzes nicht stärken, sondern eher schwächen, warnt Overwiening. Die Apotheken stünden aktuell unter massivem wirtschaftlichem Druck. Statt einer Eins-zu-Eins-Umverteilung des Honorars benötigen sie eine nachhaltige, finanzielle Stabilisierung des gesamten Systems. »Mit dem geplanten Gesetz wird eine Ökonomisierung der Versorgung betrieben, die das Bundesgesundheitsministerium in anderen Bereichen der Gesundheitsversorgung ausdrücklich bekämpfen will«, heißt es abschließend.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat Lauterbach womöglich schon vorher auf seine Seite gezogen. Denn nachdem es aus dem Finanzressort mutmaßlich Vorbehalte gegen die geplanten Mehrausgaben für die Notdienste gab, soll das ohnehin kleine Plus nun bei der Vergütung der pharmazeutischen Dienstleistungen abgezogen werden.