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Apothekenreform
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ABDA kündigt Widerstand an

Der Kabinettsbeschluss zur Apothekenreform ist da. Und die Apothekerschaft ist enttäuscht. Sie sieht »zahlreiche Mängel« im Gesetz und fordert endlich eine Honorarerhöhung. Die Reform sei »in gefährlicher Weise unzulänglich«, kritisiert ABDA-Präsident Thomas Preis.
Datum 17.12.2025  14:28 Uhr

Aus Sicht der ABDA gefährdet die Reform die zukunftsfeste und krisensichere Arzneimittelversorgung statt sie zu stabilisieren. Die ABDA kritisiert nicht nur die ausgebliebene Honorarerhöhung, die die Apotheken nach 13 Jahren Stillstand endlich wirtschaftlich stärken sollte. Sie sieht die Reform auch als einen Angriff auf das inhabergeführte Apothekenwesen. »Die vom Bundesgesundheitsministerium geplanten strukturellen Veränderungen greifen die Grundsäulen des sicheren Apothekensystems fundamental an.« Die Apothekerschaft appelliere nun an Bundestag und Bundesrat, die zahlreichen Mängel des vorliegenden Reformpakets im Gesetzgebungsverfahren zu beseitigen, teilte die ABDA mit.

»Der Kabinettsentwurf enttäuscht uns«, so ABDA-Präsident Thomas Preis. »Wir brauchen dringend eine wirtschaftliche Stärkung der Apotheken. Aufgrund der chronischen Unterfinanzierung des Apothekensystems haben wir seit 2013 schon fast 20 Prozent aller Apotheken verloren.« Jede Apotheke, die aufgeben müsse, erschwere die Wege für Patientinnen und Patienten zum benötigten Arzneimittel. »Auch die Pläne des Ministeriums, die Leitung einer Apotheke zeitweise aus den Händen von Apothekerinnen und Apothekern zu geben, lehnen wir ab.« Apothekerinnen und Apotheker müssten zu jeder Zeit anwesend sein, denn ohne sie könnten viele Leistungen gar nicht erbracht werden, betont der ABDA-Präsident. »Der Gesetzgeber muss nun entschlossen handeln, um das vorliegende Apothekenreformgesetz doch noch zu einem Apothekenstärkungsgesetz zu machen! Wir werden die kommenden Monate nutzen, um mit den Bundestagsabgeordneten ins Gespräch zu kommen.«

Begrüßenswert findet Preis jedoch, dass die Bundesregierung die Apotheken stärker in die Primärversorgung einbinden will. Die Apotheken könnten den Bürgerinnen und Bürgern so noch mehr Gesundheitsleistungen anbieten. Dazu zählten Dienstleistungen im Bereich von Prävention, Impfungen und Früherkennungstests in Apotheken. Aber: »Es bleibt dabei: Nur wirtschaftlich gesunde Betriebe können solche Leistungen erbringen. Wenn die Bundesregierung die Apotheken stärker in die Versorgung einbinden will, dann müssen die Apothekenbetriebe auch die wirtschaftlichen Grundlagen dafür haben. Dies sicherzustellen ist die Aufgabe der Bundesregierung, der sie jetzt unmittelbar nachkommen muss.

Protestaktion: In vielen Apotheken gehen die Lichter aus

Unter dem Motto »Versorgungsblackout« demonstrieren bereits heute bundesweit Apotheken gegen die umstrittene Apothekenreform. Ein symbolischer Blackout soll der Bevölkerung zeigen, was ein Verschwinden der Apotheken vor Ort für sie bedeuten würde. Dazu bleibt heute in alle teilnehmenden Apotheken das Licht aus. Zeitpunkt und Länge der Maßnahmen ist jeder Apotheke freigestellt. Hier einige Stimmen von Apothekeninhabern und -inhaberinnen zur heutigen Aktion.

In der Einhorn-Apotheke in Gladbeck in Nordrhein-Westfalen sind die Lichter schon seit Montag aus, nur die Notbeleuchtung ist eingeschaltet. Inhaber Benjamin Libor will damit davor warnen, dass es finster werden könnte für die Versorgung, wenn die Bundesregierung die umstrittenen Pläne tatsächlich auf den Weg bringt. Bislang deutet alles darauf hin, dass zentrale Schmerzpunkte im geplanten Apothekenversorgung-Weiterentwicklungsgesetz (ApoVWG) Bestandteil der Reform bleiben.

»Wir müssen uns gemeinsam gegen die Pläne stellen und zeigen, dass die Apotheken ohne bessere Rahmenbedingungen ernsthaft in Gefahr sind«, so Libor zur PZ. In Gladbeck seien die Apotheken gut vernetzt, an der Protestaktion »Versorgungsblackout« würden sich alle Offizinen in der Stadt beteiligen. Vorab habe man sich dazu kurzgeschlossen, schnell sei klar gewesen, dass ein solcher Protest nur geschlossen Wirkung zeigen könne.

Deutlichen Eindruck auf die Kundinnen und Kunden habe die Abdunklung schon gemacht, so Libor. Viele hätten nicht gewusst, ob sie überhaupt die Apotheke betreten dürften. »Viele waren entsetzt, als sie hörten, wie schlecht es den Apotheken geht«, berichtet Libor. Die Dekoration in seinem Schaufenster lasse viele Menschen innehalten, gerade Familien blieben stehen und informierten sich über den Protest und seine Gründe. 

Je nachdem, wie die Gesetzespläne sich entwickeln, wollen Libor und sein Team weiter protestieren und sich an Aktionen beteiligen, die weniger »harmlos« sind, als das Licht zu löschen. Es sei an der Zeit, dass die Apotheken ihren Frust zum Ausdruck bringen.

Auch in der Mühlenhof-Apotheke in Oldenburg ist heute den ganzen Tag das Licht aus. Für Inhaberin Mayada Otri-Barakat ist es selbstverständlich, dass sie beim Protest mitmacht. Mit Blick auf die anhaltenden vielen Apothekenschließungen und der bislang ausgebliebenen wirtschaftlichen Stärkung durch eine Honorarerhöhung hält sie die Aktion für notwendig. »Das ist wichtig, dass die Apotheken protestieren.« Die Patienten unterstützten die Aktion. »Wir haben die Patienten auf unserer Seite. Die sagen: Das ist gut, dass ihr ein Zeichen setzt«, so Otri-Barakat. Letztlich wüssten die Patienten, dass es um ihre eigene Gesundheit geht.

Otri-Barakat betreibt ihre Apotheke am Stadtrand. Wenn ihre Offizin nicht mehr wäre, dann gäbe es für viele immobile Menschen keine Versorgung mehr, so die Inhaberin. 

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