ABDA kritisiert noch stärkeren Einfluss des Bundes |
Mit dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz will die Bundesregierung die Gematik in eine Digitalagentur umbauen. Die ABDA kritisiert, dass der Einfluss der Selbstverwaltung künftig weiter beschnitten werden soll. / Foto: ABDA
Mit dem Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) will die Bundesregierung die Aufgaben und Befugnisse der Gematik erweitern und sie zu einer Digitalagentur für Gesundheit ausbauen. Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit der Gematik zu stärken, um die digitale Transformation des Gesundheitswesens schneller und effizienter voranzutreiben. Im Mai legte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dazu einen Referentenentwurf vor.
Das BMG soll demnach ermächtigt werden, per Rechtsverordnung das Aufgabenportfolio der neuen Agentur flexibel anzupassen, zu erweitern oder zu reduzieren. Das BMG kann der Digitalagentur Gesundheit damit weitere Aufgaben übertragen, die im Zusammenhang mit ihren Kernaufgaben nach dem Fünften Sozialgesetzbuch stehen, und sie ihr auch wieder entziehen. Im Entwurf sind zudem neue Aufgaben genannt, die die künftige Digitalagentur Gesundheit übernehmen soll.
Mit dem Gesetzentwurf will das BMG außerdem seinen Einfluss weiter ausbauen. So ist geplant, dass die Digitalagentur Gesundheit künftig zu 100 Prozent in der Hand des BMG liegen soll. Derzeit hält das BMG 51 Prozent der Anteile der Gematik. Weitere Gesellschafter sind unter anderem die Bundesärztekammer (BÄK), der Deutsche Apothekerverband (DAV), die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der GKV-Spitzenverband.
Die ABDA begrüßt generell die Zielsetzung des Gesetzentwurfs. Eine erfolgreiche digitale Transformation im Gesundheitswesen bedürfe klarer und stringenter Zuständigkeiten, heißt es in der Stellungnahme, die der PZ vorliegt. Aus Sicht der Standesvertretung scheitere die Anpassung der relevanten Rahmenbedingungen für die Digitalisierung allerdings nicht an fehlenden Zuständigkeiten, sondern am »mangelnden Umsetzungswillen«. Hieran ändere auch die bloße Umbenennung der Gematik nichts.
Die Bundesvereinigung kritisiert, dass mit dem Entwurf der Einfluss der Gesellschafterversammlung weiter beschnitten wird, während die Steuerungsmöglichkeit des Bundes zunimmt. »Die durch die gesetzliche Festlegung der Gesellschafterverhältnisse in § 310 Absatz 2 SGB V zugunsten des Bundes bereits stark einseitige Gestaltung soll durch den Gesetzentwurf offenbar weiter zementiert werden«, heißt es.
Konkret fordert die ABDA, die Vergabe von Aufträgen durch die Digitalagentur nicht an das Benehmen mit dem BMG zu knüpfen. Entscheidend sollten ausschließlich und transparent die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung sein. Zudem regt die Bundesvereinigung in ihrer Stellungnahme an, bei der Vereinbarung zu elektronischen Verordnungen durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und den Spitzenverband Bund der Krankenkassen auch ein Benehmen mit dem DAV vorzusehen.
Während der heutigen Anhörung äußerten sich auch weitere Verbände zum Gesetzentwurf. Sibylle Steiner, Vorstandsmitglied der KBV, kritisierte in einer Mitteilung, dass der Gesetzentwurf keine grundsätzlichen Änderungen der Gesellschafterstruktur vorsehe. Steiner betonte, damit würden unverändert nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten eingeräumt, die Expertise derjenigen ausreichend einzubringen, die die ambulante vertragsärztliche und psychotherapeutische Versorgung gewährleisten. Es müsse daher kritisch hinterfragt werden, welche Rolle die ärztliche und psychotherapeutische Selbstverwaltung spielen wird.
Laut Steiner weise der Gesetzentwurf aber »durchaus positive Ansätze auf, da er grundsätzlich eine bessere Praxistauglichkeit von digitalen Anwendungen anstrebt«. Damit greife er zentrale Forderungen der KBV für eine sinnvolle und nutzerzentrierte Digitalisierung auf. Die KBV begrüße es, dass die Digitalagentur in die Lage versetzt werden soll, Maßnahmen umzusetzen mit dem Ziel, die Stabilität der Telematik-Infrastruktur (TI) zu erhöhen. »Das ist dringend notwendig, da es immer noch viel zu viele Ausfälle und Störungen zu verzeichnen gibt«, so Steiner.
Der AOK-Bundesverband warnte vor einer »Verstaatlichung der Digitalisierung im Gesundheitswesen«. Die Bundesregierung wolle der geplanten Digitalagentur für Gesundheit unter anderem hoheitliche Aufgaben übertragen. »Sie handelt damit faktisch wie eine Behörde, ist aber zu 93 Prozent durch Beitragsmittel der GKV finanziert. Anreize, diese Versichertengelder wirtschaftlich einzusetzen, sucht man im Gesetzesentwurf jedoch vergeblich«, kritisierte Verbandschefin Carola Reimann in der Verbändeanhörung. Die Ampel solle stattdessen die Entscheidungsbefugnisse der Selbstverwaltungspartner erhalten und dem Wettbewerb der verschiedenen Anbieter mehr Raum geben.
Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der Techniker Krankenkasse (TK), begrüßte, dass die neue Digitalagentur nutzerfreundliche Standards definieren und Leistungserbringern und Krankenkassen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen soll. Wichtig sei allerdings, dass sie künftig nicht mehr – wie zuletzt beim E-Rezept – selbst digitale Anwendungen entwickele, sondern dies dem Markt überlasse, sagte Baas in einem Statement.