Ab 45 an die Prostatakrebs-Früherkennung denken |
Der »Movember« will auf Männergesundheitsthemen aufmerksam machen. Symbol ist ein Schnurrbart (Moustache, kurz Mo). / © Getty Images/Alison Calazans
Seit mehr als 20 Jahren steht der »Movember« im Zeichen der Männergesundheit. Der Schnurrbart (Moustache, kurz Mo) hat sich hier als Symbol etabliert, um unliebsame Themen wie Hoden- und Prostatakrebs, Depressionen und Suizidgedanken anzusprechen, auch wenn manch ein Mann diese Themen lieber verdrängt.
Um Prostatakrebs geht es auch bei der Kampagne »Nichts verpassen«, die unter anderem von Ex-Handball-Nationalspieler Michael Roth und seinem Zwillingsbruder Uli unterstützt wird. Beide erkrankten selbst daran. »Ich habe gedacht: Das passiert doch nur anderen«, erinnert sich Michael Roth, der mit nur 47 Jahren die Diagnose bekam. Trotz sportlicher Höchstleistungen und guter medizinischer Betreuung hätten sie dem Thema Männergesundheit vorher nie wirklich Beachtung geschenkt.
Das geht wohl vielen Männern so, denn sie nehmen empfohlene Vorsorgeuntersuchungen deutlich seltener wahr als Frauen. Doch wie lässt sich das ändern? »Wir wollen, dass Männer nicht erst handeln, wenn es zu spät ist, sondern sich aktiv mit dem Thema auseinandersetzen und miteinander sprechen«, sagt Uli Roth. Denn je früher Prostatakrebs erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Allerdings ist die Sache nicht ganz einfach.
Ab 45 Jahren sollten Männer sich um die Prostatakrebs-Früherkennung kümmern, empfehlen Fachgesellschaften. Allerdings unterscheidet sich derzeit, welche Untersuchungen die Leitlinie empfiehlt und was die Krankenkassen zahlen – was der Teilnahme nicht unbedingt zuträglich sein dürfte.
Die Gesetzliche Krankenversicherung zahlt einmal jährlich für ein ärztliches Anamnese-Gespräch, eine Untersuchung der äußeren Geschlechtsorgane und der Lymphknoten sowie eine digitale rektale Untersuchung (DRU). Damit ist jedoch nichts Virtuelles, sondern die klassische Tastuntersuchung gemeint (digital bezieht sich hier auf Finger, lateinisch digitus).
Der PSA-Test (die Messung des Prostata-spezifischen Antigens im Blut) ist derzeit nicht Teil der gesetzlichen Früherkennung. Die Kosten werden nur übernommen, wenn ein konkreter Verdacht auf Prostatakrebs besteht und der Test zur Abklärung notwendig ist.
Allerdings empfehlen Fachgesellschaften laut Krebsinformationsdienst mittlerweile ein individuell angepasstes Früherkennungsprogramm, basierend auf dem PSA-Test. Denn die Tastuntersuchung ist eher ungenau. Nur eines von drei vorhandenen Prostatakarzinomen wird so entdeckt. Zudem ist der Tumor bei auffälligem Tastbefund meist nicht mehr im Frühstadium. Umgekehrt muss nicht jede ertastete Veränderung ein Tumor sein. Seit der 8. Version der S3-Leitlinie zum Prostatakarzinom, die im Juli dieses Jahres verabschiedet wurde, raten die Fachgesellschaften sogar von der digitalen rektalen Untersuchung ab.
Wenn Männer (ab 45 Jahren) nach einer Beratung eine Untersuchung wünschen, soll der Arzt ihnen die die Bestimmung des PSA-Werts anbieten. Bei bekannten Mutationen wie im Brustkrebsgen BRCA2, MSH2 oder MSH6 sollten die Betroffenen sogar schon ab dem 40. Lebensjahr damit anfangen und zu einer Risikosprechstunde gehen (was Mutationen in Brustkrebsgenen bei Männern bedeuten, ist hier zu lesen).
Der gemessene PSA Wert bestimmt, in welchen Abständen der Test im Rahmen der Früherkennung wiederholt wird. Bei einem hohen Wert kann ein MRT angeordnet werden. Über die genaue Vorgehensweise und die Vor- und Nachteile kann man sich beim Krebsinformationsdienst informieren. Die rektale Tastuntersuchung kann bei auffälligem PSA-Wert oder klinischem Verdacht ergänzend angewendet werde, aber nicht mehr routinemäßig zur Früherkennung bei asymptomatischen Männern.
Männer sollten sich damit auseinandersetzen. »Es geht nicht nur um uns Männer«, betont Michael Roth. »Es geht um unsere Partnerinnen, unsere Kinder, unsere Freunde. Vorsorge heißt, Verantwortung zu übernehmen – für sich und für die Menschen, die einen lieben. Ein Termin beim Urologen dauert oft nur wenige Minuten – kann aber Jahre schenken.«