Chikungunya: Viren vermehren sich bei niedrigen Temperaturen |
Tropische Krankheitserreger mögen es warm. So brauchen Zika-, Dengue- oder West-Nil-Viren sehr warme Temperaturen über mehrere Wochen, um sich in Stechmücken vermehren zu können. Anders ist es offenbar bei Chikungunya-Viren. Forschungsarbeiten im Hochsicherheits-Insektarium des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) zeigten, dass sich diese Viren in der Asiatischen Tigermücke auch bei milden 18 °C vermehren können. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse vor Kurzem in der Fachzeitschrift «Eurosurveillance».
Bereits in früheren Jahren gab es Ausbrüche des Chikungunya-Fiebers in europäischen Ländern, etwa in Italien und Frankreich. Jetzt untersuchten Wissenschaftler die Überträgermücken bei unterschiedlichen Temperaturen. Sie fütterten Aedes-albopictus-Stechmücken aus Deutschland und Italien mit Chikungunya-Virus-haltigem Blut und setzten die Tiere für zwei Wochen in Klimakammern mit Durchschnittstemperaturen von 18, 21 oder 24 Grad.
«In Mücken aus der deutschen Population konnte sich das Virus auch bei einer Temperatur von 18 Grad sehr gut vermehren. Nach zwei Wochen haben wir in über 50 Prozent der Tiere infektiöse Viren im Speichel nachgewiesen», berichtet Professor Dr. Egbert Tannich, Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Tropische Infektionserreger am BNITM und Wissenschaftler im DZIF. Im Gegensatz zu anderen tropischen Viren werde die Übertragung des Chikungunya-Virus somit weniger von der Außentemperatur als vielmehr vom Vorkommen der Mücken bestimmt, heißt es in einer Pressemeldung der Institute.
Dennoch muss niemand Panik vor den Mücken haben. Die Gefahr einer Chikungunya-Übertragung in Deutschland schätzt Tannich als gering ein, da die Tigermücken bislang nur lokal begrenzt und in geringer Zahl vorkommen. Zudem müsse sich die Stechmücke erst einmal selbst mit dem Virus infizieren, um es weitergeben zu können.
Aedes albopictus überträgt in den Tropen verschiedene Viren, vor allem die Erreger von West-Nil- und Gelbfieber, der St.-Louis-Enzephalitis sowie Dengue-Fieber. Vermutet wird auch eine Übertragung von Zika-Viren. Tannich und Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Arbeitsgruppe Arbovirologie am BNITM, empfehlen allen europäischen Ländern mit etablierten Aedes-albopictus-Populationen, ein System für die Stechmücken-Überwachung und Bekämpfung einzurichten. (bmg)
DOI: 10.2807/1560-7917
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03.08.2018 l PZ
Foto: BNITM