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Zyto-Prozess: Zwölf Jahre Haft für Bottroper Apotheker

 

Im Medizinskandal um massenhaft gepanschte Krebsmedikamente hat das Landgericht Essen den Apotheker zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die Richter stellten in ihrem Urteil heute fest, dass in der Apotheke des 48-Jährigen aus Bottrop Infusionslösungen gestreckt, bei den Krankenkassen aber voll abgerechnet wurden. Im Urteil ist von mehr als 14.000 Medikamenten die Rede, die in ihrer Qualität «nicht unerheblich» gemindert waren.

 

Die Richter verhängten außerdem ein lebenslanges Berufsverbot. Der Angeklagte selbst hatte sich im Prozess nicht zu den Vorwürfen geäußert. Seine Verteidiger hatten einen Freispruch beantragt. Die Staatsanwaltschaft hatte dreizehneinhalb Jahre Haft gefordert. Sie war überzeugt, dass Peter S. jahrelang lebenswichtige Krebsmedikamente streckte, um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Der 48-Jährige habe sich auf Kosten von Menschen bereichert, die um ihr Leben bangten, hatte Staatsanwalt Rudolf Jakubowski in seinem Plädoyer argumentiert. «Und das zur Fortsetzung seines luxuriösen Lebensstils – zum Beispiel zum Bau einer Villa mit Wasserrutsche.»

 

Die Verteidiger hatten die Indizienkette insgesamt angezweifelt und einen Freispruch verlangt. Der Angeklagte selbst äußerte sich im Prozess nicht zu den Vorwürfen. Opfer und Hinterbliebene kritisierten, dass wichtige Fragen in dem Verfahren am Landgericht Essen offengeblieben seien. Vor allem konnte nicht geklärt werden, wie viele Patienten unterdosierte Medikamente bekommen haben. Anfänglich war die Staatsanwaltschaft von mehr als 1000 betroffenen Patienten ausgegangen.

 

Der Medikamentenskandal war von zwei Mitarbeitern des Apothekers aufgedeckt worden. Für ihre Enthüllungen wurden sie Ende 2017 mit dem Deutschen Whistleblower-Preis ausgezeichnet. Der Fall schlug auch in der Politik Wellen: Als Konsequenz aus dem Bottroper Fall hatte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) 2017 neue Transparenz-Regeln erlassen. Nun gibt es in den spezialisierten Krebs-Apotheken unangemeldete Inspektionen, bei denen das Personal und die Herstellung von Infusionsarzneimitteln kontrolliert wird.

 

Diese Regeln bezeichnete die Deutsche Stiftung Patientenschutz heute als «Scheinlösungen». Vorstand Eugen Brysch forderte heute deutlich strengere Kontrollen für die Branche. «Für die bundesweit 330 Schwerpunktapotheken muss es eine umfassende Überwachung und Kontrolle geben.» Apotheken, die Zytostatika herstellen, müssten viermal im Jahr unangekündigt kontrolliert werden, forderte Brysch. Außerdem müssten zur Sicherung mögliche Beweise nicht verbrauchte Krebsmedikamente zentral verwahrt werden – so könnte im Nachhinein bewiesen werden, ob die vom Arzt verschriebene Wirkstoffmenge darin enthalten war.

 

06.07.2018 l dpa

Foto: Fotolia/esben46863