Kassen: Kliniken nutzen Pflege-Förderung nur zur Hälfte |
Trotz Pflegemangels an Krankenhäusern nutzen die Kliniken eine millionenschwere Förderung für neue Schwestern und Pfleger nur etwa zur Hälfte. 2016 und 2017 wurden bislang 157 Millionen Euro in Anspruch genommen. Das zeigt ein Bericht des GKV-Spitzenverbands zum sogenannten Pflegestellen-Förderprogramm. Er liegt der Nachrichtenagentur dpa in Berlin vor. Zur Verfügung stellen die Kassen rund 300 Millionen Euro.
Das Förderprogramm wurde 2015 mit einer Klinikreform des damaligen Gesundheitsministers Hermann Gröhe (CDU) beschlossen. Bis 2018 belaufen sich die Fördermittel auf bis zu 660 Millionen Euro. Gröhe sagte damals, eine gute Versorgung könne nur mit ausreichend Personal gelingen. «Deshalb sorgen wir für mehr Pflegepersonal am Krankenbett.»
Im vergangenen Jahr hätten 620 der knapp 2000 Krankenhäuser von dem Programm profitiert, so der Kassenverband. Die 97 Millionen Euro, die 2017 an die Kliniken geflossen seien, dienten dem Aufbau von 2228 zusätzlichen Pflegestellen. Ob die Stellen mit dem Geld wirklich entstanden sind, könne aber erst nachträglich gesagt werden, wenn die Krankenhäuser das Testat eines Jahresabschlussprüfers vorlegen. Krankenhäuser können die Fördergelder für 2017 auch noch im laufenden Jahr abrufen.
Die zusätzlichen Mittel erhalten die Krankenhäuser über Zuschläge, die sie mit den Krankenkassen vor Ort vereinbaren. Bereits von 2009 bis 2011 hatte der Gesetzgeber die Kassen verpflichtet, den Aufbau von Pflegestellen in Krankenhäusern finanziell zu unterstützen. Damals profitierten rund 1100 Krankenhäuser von rund 1,1 Milliarden Euro. Sie schufen 15.300 Stellen für Pflegekräfte. Wie beim ersten Förderprogramm haben die Krankenhäuser auch dieses Mal einen Eigenanteil von zehn Prozent zu zahlen.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) teilt die Einschätzung der Kassen nicht. «Der tatsächlich stattfindende Pflegekräfteaufbau wird von den GKV-Zahlen nicht in voller Breite erfasst», betonte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum auf Nachfrage der Pharmazeutischen Zeitung. So weise das Statistische Bundesamt für 2016 ein Plus von 4200 Stellen aus. Die jetzt veröffentlichten Zahlen machten vielmehr grundsätzlich deutlich, wie problematisch die Arbeitsmarktsituation auf dem Pflegemarkt sei. «Zugleich gibt es Hinweise, dass die Anerkennung von Förderstellen von Krankenkassen vor Ort sehr restriktiv gehandhabt wird», so Baum.
Dass die Inanspruchnahme begrenzt sei, liege am zu leistenden Eigenanteil sowie an der bis dato wegfallenden direkten Finanzierung der Stellen. Inzwischen habe die Koalition die Fortsetzung der hausindividuellen Förderung beschlossen, was dazu beitragen könne, dass im laufenden Jahr mehr Stellen über das Förderprogramm realisiert werden – «sofern der Arbeitsmarkt es hergibt». Baum betonte: «Ohne Not verzichtet kein Krankenhaus auf Fördermittel.»
26.07.2018 l PZ/dpa
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