«Handy-Daumen»: Wenn mobil krank macht |
Jung, gesund, total vernetzt – und schmerzgeplagt: Wer zu viel auf dem Smartphone herumtippt, riskiert einen «Handy-Daumen». In englischsprachigen Ländern heißt die neue orthopädische Zivilisationskrankheit «WhatsAppitis» oder «WhatsApp Disease».
«Beim einhändigen Bedienen des Smartphones wird der Daumen überbeansprucht», warnt Professor Dr. Stefan Langer, Handchirurg am Universitätsklinikum Leipzig, in einer Pressemeldung des UKL. Das Problem verstärke sich mit zunehmender Größe der Handy-Displays und der Ausdauer, mit der die Menschen in sozialen Netzwerken unterwegs sind.
Eigentlich soll der Daumen das Greifen der Hand unterstützen. Daher ist der Faustschluss eine typische Bewegung für den stärksten Finger der menschlichen Hand, eine Dehn- oder Abspreizbewegung auf Dauer aber nicht. Eine Überbelastung könne Schmerzen im daumenseitigen Handgelenk auslösen, berichtet der Arzt. «Der typische Patient ist heute 15 bis 25 Jahre, eigentlich kerngesund und total vernetzt. Früher war der typische Patient eine 65-jährige Frau, die ihr ganzes Leben gearbeitet hat. Sie litt unter Verschleißerkrankungen, zu denen auch eine klassische Sehnenscheidenentzündung im Daumenbereich gehörte.»
Dieser Unterschied begrenzt die Therapieoptionen. Dem jungen Smartphone-User könne er kein Corticoid spritzen, und für eine Operation gebe es «keinen wirklichen Anlass», so Langer. Er warnt zudem vor überbordender Diagnostik. Der Arzt müsse nicht sofort eine Röntgenaufnahme, ein CT oder gar ein MRT veranlassen. «Eine Ultraschallaufnahme macht meist die geschwollene Sehne sichtbar.» Sein Rat: «Handy weglassen – mit etwas Geduld lassen die Schmerzen nach einer Woche nach.»
Auch manuelle Therapien können helfen, wie Norina Weisenbilder vom UKL erklärt. Mittels Ergo- und Physiotherapie könnten Faszien, Muskeln und Bindegewebe gelöst werden. Ein Kinesio-Tape am Daumensattelgelenk und an der Daumenseite des Unterarms stabilisiere den langen Daumenbeuger. Die Ergotherapeutin rät zur Prophylaxe: beim Tippen Maß halten und beide Daumen einsetzen. «Dann müssen die Daumen keine großen Entfernungen auf dem Display zurücklegen und werden nicht überdehnt.» (bmg)
18.07.2018 l PZ
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