Demenz: Pro Jahr 300.000 Neuerkrankte |
Alle 100 Sekunden erkrankt in Deutschland ein Mensch an Demenz, die meisten an der Alzheimer-Krankheit. Im höheren Alter sind Mischformen aus neurodegenerativen und vaskulären Prozessen die Regel. Gegenwärtig leben in Deutschland rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz, und jedes Jahr treten mehr als 300.000 Neuerkrankungen auf. Diese Zahlen resultieren aus einer Neuberechnung, die der Epidemiologe Dr. Horst Bickel von der Technischen Universität München für die Deutsche Alzheimer Gesellschaft erstellt hat. Diese hat die Daten in einem Informationsblatt zusammengestellt.
Weniger als 2 Prozent der Erkrankten sind demnach jünger als 65 Jahre; das sind etwa 25.000 Menschen in Deutschland. Die Prävalenzraten steigen mit zunehmendem Alter steil an. Zwei Drittel aller Erkrankten sind 80 Jahre und älter; zwei Drittel sind Frauen. Dies liegt hauptsächlich an deren längerer Lebenserwartung. Hinzu kommt, dass Frauen länger mit einer Demenz zu überleben scheinen als Männer.
Interessant ist auch der Blick auf ausländische Mitbürger in Deutschland. Hier ist mit etwa 48.000 Patienten zu rechnen, das wären weniger als 3 Prozent aller Demenzerkrankungen. Allerdings beruhen diese Zahlen laut Bickel auf einer schmalen Datenbasis. Nach Diagnosedaten der Krankenkassen bestehen keine nennenswerten Unterschiede in der Prävalenz zwischen älteren Menschen mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit. Nach einer Studie aus den Niederlanden erkrankten dort weitaus mehr Zuwanderer als Einheimische.
Demenzen verlaufen meist irreversibel und verkürzen die altersübliche Lebenserwartung. Allgemein ist die Überlebenszeit umso geringer, je später im Leben die Erkrankung auftritt, je schwerer die Symptome sind und je mehr körperliche Begleiterkrankungen bestehen. Eine exakte individuelle Prognose sei jedoch nicht möglich, betont der Autor.
Da wesentlich mehr Menschen neu erkranken als bereits Erkrankte sterben, steigt die Zahl der Demenzkranken in Deutschland stetig an. Ohne einen Durchbruch in Prävention und Therapie könnte sich deren Zahl bis 2050 fast verdoppeln auf rund 3 Millionen.
Anlass zur Hoffnung geben Studien, die eine stark rückläufige Erkrankungswahrscheinlichkeit in westlichen Ländern feststellen. Danach könnten die Inzidenzraten um 11 bis 35 Prozent innerhalb eines Jahrzehnts sinken, vor allem wegen der besseren Lebensbedingungen: bessere Bildung, gesündere Lebensweise, frühzeitige Behandlung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Allerdings gibt es widersprechende Studien; unter anderem verweisen diese auf die Zunahme von Übergewicht und Diabetes. Beide sind starke Risikofaktoren für Demenz. «Derzeit ist unklar, ob sich der rückläufige Trend bestätigt», sagt Bickel in einer Pressemeldung der Alzheimer-Gesellschaft. «In jedem Fall werden die demografischen Veränderungen dafür sorgen, dass die Krankenzahl in den nächsten Jahrzehnten nicht sinkt.» (bmg)
Zum Informationsblatt: Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen (PDF, externer Link)
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06.07.2018 l PZ
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