Pharmazeutische Zeitung online

Tiermedizin: Immer weniger Ärzte wollen Nutztiere behandeln

 

An den Tierhochschulen studieren fast nur Frauen – und die wollen sich meist um Haustiere und nicht um Rinder und Schweine kümmern. Dieser Trend macht Bauern Sorgen und auch Nutztierpraxen versuchen viel, um die Absolventinnen auf das Land zu locken

 

«In der Nutztiermedizin muss man leider immer die Wirtschaftlichkeit des Tieres im Blick behalten», sagt Dr. Susanne Lier aus Hohne. «Landwirte können nichts dafür, aber manchmal ist das hart.» Doch die Nutztierpraktikerin hat selten Zeit nachzudenken. Viele ältere Kollegen gehen in den Ruhestand und die 36-Jährige ist für immer mehr Bauernhöfe zuständig. Denn heutzutage wollen sich nach Angaben des Bundesverbands praktizierender Tierärzte die meisten jungen Veterinäre statt auf Rinder, Schweine oder Hühner auf Haustiere spezialisieren.

 

Ein Hauptgrund: Seit rund 20 Jahren sind 80 bis 90 Prozent der Studierenden an den fünf tiermedizinischen Hochschulen in Deutschland Frauen und die haben meist eine Präferenz für Hunde, Katzen und Meerschweinchen, wie Zahlen der Bundestierärztekammer zeigen. «Viele Studentinnen reiten, sie wollen allen Tieren helfen und lehnen die industrielle Nutztierhaltung ab», sagt die Schweinefachärztin Inge Böhne, die seit mehr als 30 Jahren eine Praxis in Melle hat. «Männliche Studenten hingegen kommen meist aus Familien mit Bauernhöfen oder Nutztierpraxen.»

 

2006 gab es in Niedersachsen 305 Nutztierpraktiker, im vergangen Jahr waren es noch 206 – ein Drittel weniger. Gleichzeitig gab es 2006 für Haustiere 555 Ärzte, und 2017 schon 694. Zusätzlich gibt es noch Ärzte, die beide Kategorien behandeln. Zurzeit arbeiten noch etwa gleich viele Männer und Frauen als Veterinäre. Der Präsident der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Gerhard Greif, schätzt jedoch, dass in den nächsten Jahren mehr als 80 Prozent Frauen den Job ausüben werden. Diesen Trend beobachtet er in ganz Europa. Vor 30, 40 Jahren dominierten noch Männer den Beruf.

 

Die Sprecherin des Landvolks Niedersachsen, Gabi von der Brelie sagt, dass die meisten Bauern noch nichts vom Rückgang der Nutztierpraktiker merkten. Einige an Orten mit weniger Nutztierbetrieben hätten jedoch eher Probleme, gute Spezialisten zu finden. Die Entwicklung macht aber dem Generalsekretär des Deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken, Sorgen. Und für die Sprecherin des Bundesverbands Praktizierender Tierärzte, Astrid Behr, ist klar: «Wenn der Trend weitergeht, wird die landwirtschaftliche medizinische Versorgung zum Problem.»

 

Die meisten Nutztierpraxen sind auf dem Land und müssen 24 Stunden pro Tag für ihre Landwirte da sein, denn diese erwarten, dass ihr Doktor auch mitten in der Nacht kommt, wenn eine ihrer Kühe für eine schwierige Geburt einen Kaiserschnitt braucht. Viele Frauen wollen jedoch wegen Kindern Teilzeit arbeiten und das geht einfacher in Kleintierpraxen. Zudem würden viele Absolventen nicht auf das Land ziehen wollen, nachdem sie während des Veterinärstudiums die Annehmlichkeiten der Städte Berlin, München, Leipzig, Hannover oder Gießen genossen hätten, sagt der Geschäftsführer der Tierärztekammer Niedersachsen, Holger Lorenz.

 

Gleichzeitig wächst der Kleintiergesundheitsmarkt stark und bietet Absolventen viele Jobs in den Städten. Immer mehr Haustierbesitzer sind bereit, mehrere Hundert Euro für Operationen oder eine Computertomografie zu bezahlen. Insgesamt geben Deutsche pro Jahr mehr als zwei Milliarden Euro für Besuche ihrer Hunde, Katzen, Reptilien, Nagetieren, Vögeln und Zierfische bei Tierärzten, Tierhomöopathen, Tierheilpraktikern, Tierphysiotherapeuten und für Medikamente aus, wie eine Studie der Universität Göttingen herausfand.

 

Um Tierärztinnen und Arzthelferinnen trotzdem anzulocken, bieten einige Nutztierpraxen mehr Lohn, sagt Lorenz. Durchschnittlich verdient ein angestellter Nutztierpraktiker 40.000 pro Jahr - mehr als ein angestellter Heimtiermediziner, der 32.500 Euro erhält, wie Forscher der Freien Universität Berlin fanden. Auch entscheiden sich inzwischen mehr Nutztierpraktiker statt der Selbstständigkeit für größere Praxen, die den Nacht- und Wochenendnotdienst aufteilen. Das tut auch Susanne Lier, die Mutter ist und ihre Praxis mit einer Kollegin führt und sieben Angestellte hat. «So ist die Arbeit familienverträglicher.»

 

22.06.2018 l dpa

Foto: Fotolia/135pixels

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.