Ertrinken in der Badezeit: Mythen und echte Risiken |

Jedes Jahr ertrinken in Deutschland Hunderte Menschen – 404 allein im Jahr 2017, erklärt die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und rät zur Vorsicht. «Binnengewässer sind nach wie vor die Gefahrenquelle Nummer eins», sagt DLRG-Präsident Achim Haag. 329 Menschen verloren ihr Leben in Flüssen, Bächen, Seen und Kanälen. Nach Angaben der Rettungs-Gesellschaft waren drei von vier Opfern männlich.
«Leichtsinn, Übermut und Unkenntnis über Gefahren spielen dabei eine große Rolle», sagt DLRG-Sprecher Achim Wiese zu der hohen Zahl männlicher Ertrunkener. Senioren gehe schnell die Kraft aus, Herzprobleme oder Diabetes seien ebenfalls oft ein Problem. Darüber hinaus sei die Schwimmfähigkeit insgesamt rückläufig. Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der DLRG kann mehr als die Hälfte der Grundschüler in Deutschland nicht richtig schwimmen.
Mit vollem Magen ins Wasser zu gehen hat im Übrigen laut einer großen Überblicksanalyse des Amerikanischen Roten Kreuzes bei Jugendlichen und Erwachsenen keinen lebensgefährlichen Einfluss. «Die Bewegungen fallen aber schwerer», sagte DLRG-Sprecher Martin Holzhause. Die DLRG warnt jedoch vor dem Gang ins Wasser mit ganz vollem Bauch im Hinblick auf Kinder. Sie übernähmen sich eher mal, ergänzte Holzhause. Wenn ihnen beim Baden oder Schwimmen übel wird, sie gar erbrechen und möglicherweise Wasser schlucken, könne es lebensgefährlich werden. «Wir raten daher davon ab, dass Kinder direkt nach dem Essen ins Wasser gehen.» Kinder sollten beim Baden ohnehin immer überwacht werden. Ein leerer Magen könne dagegen wirklich bei jedem zum Problem werden, sagt sein Kollege Achim Wiese. Denn zum Schwimmen braucht der Körper viel Energie: In zehn Minuten wird ungefähr die Energie eines Apfels verbraucht.
Ein Sprung ins kalte Wasser kann bei Menschen mit unerkannten Herzerkrankungen – auch bei Kindern – zu Rhythmusstörungen führen. Denn bei warmem Wetter fließe Blut vermehrt in Arme und Beine. Bei einem Sprung in kaltes Wasser ziehen sich die Gefäße zusammen und pumpen das Blut auf einmal zum Herz. «Dies belastet die rechte Herzkammer stark», erklärt Martin Halle, ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin der TU München. Außerdem werde ein Reflex ausgelöst, wenn kaltes Wasser auf das Gesicht trifft. «Herzfrequenz und Blutdruck sinken schnell und manchmal sehr stark.» In den seltensten Fällen sei so ein Ereignis tödlich. Allerdings kann es im Wasser zum Verlust der Orientierung oder zu Bewusstlosigkeit kommen.
Für Laien sei es übrigens sehr schwierig, einen Ertrinkenden aus dem Wasser zu ziehen und sich aus den oft sehr festen Griffen zu befreien. Wenn Menschen im Wasser in Not geraten, werden sie oft panisch, schlagen um sich und versuchen, sich an irgendetwas festzuhalten. Außerdem kann das Gewässer Gefahren bergen, die vom Ufer aus nicht zu erkennen sind. Die DLRG rät für den Notfall daher: Hilfe holen und der Person im Wasser Schwimmhilfen oder andere Gegenstände zuwerfen, an denen sie sich festhalten kann.
04.06.2018 l PZ/dpa
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