Kinderdemenz: Erfolgreiche Therapie mit Cerliponase |
Eine Enzymersatztherapie mit Cerliponase alfa kann den Krankheitsverlauf bei Kindern mit spätinfantiler Neuronaler Ceroid Lipofuszinose (CLN2), einer Form von «Kinderdemenz», günstig beeinflussen. Das synthetisch hergestellte Enzym, das seit 2017 in Deutschland auf dem Markt ist, wird dazu alle 14 Tage über einen Katheter direkt in den Liquorraum des Gehirns eingebracht. Bei rund zwei Drittel der kleinen Patienten konnte die Krankheit sogar vollständig aufgehalten werden, berichten Wissenschaftler des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) in der Fachzeitschrift New England Journal of Medicine.
Die sehr seltene Erkrankung wird oft spät erkannt. Mit am häufigsten ist der Subtyp CLN2, bei dem das Enzym Tripeptidyl-Peptidase-1 (TPP1) nicht oder nicht ausreichend gebildet wird. In der Folge lagert sich in den Gehirnzellen das wachsartige Speichermaterial Ceroid-Lipofuscin ab; die Gehirnzellen verlieren zunächst ihre Funktion und sterben schließlich ab.
Die betroffenen Kinder entwickeln sich zunächst normal oder lernen verzögert sprechen. Zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr bekommen sie schwere epileptische Anfälle, Sprache und Motorik entwickeln sich zurück. Mit fortschreitender Erkrankung können sie nicht mehr sitzen oder stehen, erblinden und sterben in der Regel früh. Bislang konnten CLN2-Patienten nur palliativ versorgt werden.
In der internationalen multizentrischen Studie bekamen 24 Kinder mit CLN2 über mindestens 96 Wochen alle 14 Tage eine intraventrikuläre Infusion mit 300 mg Cerliponase alfa. Dies ist eine rekombinante Form der humanen TPP1, die seit Juli 2017 auf dem deutschen Markt ist (Brineura® 150 mg Infusionslösung, Biomarin International). Der Vergleich mit einer historischen Kontrollgruppe unbehandelter Kinder zeigte, dass sich die motorischen und sprachlichen Fähigkeiten unter der Enzymersatztherapie signifikant langsamer verschlechterten. Häufige Nebenwirkungen waren Krämpfe, Fieber, Erbrechen und Überempfindlichkeitsreaktionen. Schwere Nebenwirkungen waren ein Versagen des intraventrikulären Zugangs sowie Infektionen darin, die eine Antibiotikagabe und Entfernen des Device erforderten.
«Je früher CLN2 diagnostiziert und eine Therapie begonnen wird, umso höher ist die Chance für ein erfolgreiches Ansprechen, damit die erkrankten Kinder länger sprechen und sich eigenständig bewegen können», betont Studienleiterin Dr. Angela Schulz, die die Sprechstunde für Degenerative Gehirnkrankheiten der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am UKE leitet. (bmg)
DOI: 10.1056/NEJMoa1712649
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27.04.2018 l PZ
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