Hilfe für Demenzpatienten: Apotheken als Netzwerk-Partner |
Die Gesellschaft altert und damit nimmt auch die Zahl der Demenzerkrankungen kontinuierlich zu. Für die Versorgung der betroffenen Menschen und ihren Angehörigen kann die Apotheke als niedrigschwellige Anlaufstelle wertvolle Hilfe leisten. Die sächsischen Apotheken wollen sich künftig als Teil eines Versorgungsnetzwerks positionieren. Wie dies aussehen kann, darüber informierte der Sächsischen Apothekertag.
Die Krankheit Demenz als gesellschaftliche, ethische und medizinische Herausforderung stand im Mittelpunkt des diesjährigen Sächsischen Apothekertags (SAT) am 21. April in Radebeul. Dabei ging es zentral um das Thema Netzwerkbildung, damit Betroffene eine bestmögliche Versorgung bekommen und möglichst lang ein selbstbestimmtes Leben führen können. Vorgestellt wurden dabei Initiativen und Modellprojekte, die dies bereits erfolgreich umsetzen und in denen auch die Apotheker eine entscheidende Schlüsselrolle einnehmen.
«Unser Berufsstand muss das Thema Demenz stärker in den Fokus rücken», betonte der Vorsitzende des Sächsischen Apothekerverbands (SAV), Thomas Dittrich, in seiner Eröffnungsrede. «Aber nicht nur wir allein. Wir brauchen dafür Netzwerkpartner.» Um Menschen mit Demenz möglichst lange selbstständiges Wohnen und selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, fehle bislang eine integrierte Perspektive zur Schaffung von Versorgungsstrukturen. Apotheken können Dittrich zufolge sowohl bei der Frühdiagnose der Erkrankung unterstützen als auch als Berater und Vermittler für Hilfsangebote fungieren. «Wir haben als Transferpartner der Initiative Chemnitz + die Erfahrung gemacht, dass wir als wichtiger Multiplikator für die verschiedenen Hilfsangebote wahrgenommen werden.»
Mit dem demographischen Wandel steigt auch die Zahl der Demenzkranken drastisch an. Nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft leben hierzulande derzeit fast 1,6 Millionen Patienten mit dieser Diagnose, zwei Drittel davon mit dem Typ Alzheimer. Sofern kein Therapiedurchbruch gelingt, könnten im Jahr 2050 voraussichtlich rund 3 Millionen Menschen von einer Demenzerkrankung betroffen sein. Dies stellt die Solidargemeinschaft vor große Herausforderungen – «gesellschaftlich, ethisch und medizinisch», sagte Dittrich. In Sachsen sind aktuell nach Angaben des SAV 2,5 Prozent der Einwohner an Demenz erkrankt.
«Es ist gut, dass Sie sich dem wichtigen Thema Demenz widmen», betonte Staatssekretärin Regina Kraushaar vom sächsischen Sozialministerium in ihrem Grußwort. Apotheken seien oft die wichtigsten Anlaufstellen. Angesichts der alternden Bevölkerung in Sachsen seien alle Leistungserbringer gefordert, sich den Bedürfnissen der Menschen entsprechend anzupassen. Gerade Demenzerkrankte und ihre Angehörigen hätten stark erhöhten Beratungsbedarf. Hier seien Apotheker nicht nur wichtiger Ansprechpartner, sondern leisteten auch kompetente medizinische Beratung.
Wie Betroffenen ein im größten Maße selbstbestimmtes menschenwürdiges Leben mit der Erkrankung ermöglicht werden kann, verdeutlichten einige auf dem SAT vorgestellte Projekte, wie etwa das österreichische Modellprojekt «Demenzfreundliche Apotheke» oder das speziell auf die Bedürfnisse von Demenzkranken zugeschnittene Palliativ-Care-Konzept Silviahemmet aus Schweden.
In Sachsen selbst gibt es zurzeit geriatrische Netzwerke in vier Modellregionen. Im Landkreis Görlitz, der als Hochburg der Hochbetagten gilt, sind an dem Geriatrie-Netzwerk Ost-Sachsen fast 250 Netzwerkpartner beteiligt. Der Leiter des Görlitzer Geriatriezentrums, Dr. Stefan Zeller, berichtete über Angebote wie etwa Schulungen für Angehörige aber auch für Berufsgruppen, wie etwa Polizei, Feuerwehr und Einzelhandel. Auch habe man einen Versorgungspfad «Demenz» entwickelt, dabei haben sich diverse Netzwerke auf bestimmte Themen spezialisiert. Außerdem wurde das deutschlandweite Pilotprojekt «Ehrenamt in der Geriatrie» ins Leben gerufen.
Dr. Jens Schneider, Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Augsburg, berichtete über seine Erfahrungen mit dem 2015 prämierten Projekt «Demenzfreundliche Apotheke» in Augsburg. Man habe von Anfang an Netzwerk-Partner gesucht – mit zunehmendem Erfolg. Aktuell sei die Apotheke auch im Bereich Geronto-Psychiatrie in das Netzwerk aufgenommen worden. «Die Stadt hat den Nutzen der Apotheken erkannt und bindet sie mittlerweile auch in andere Netzwerke ein», so Schneider. Ein Anreiz mehr für sächsische Apotheken, sich an entsprechenden Projekten in ihrem Bundesland zu beteiligen. «Im Bereich Demenz fehlt uns nach wie vor die Wegweiser-Funktion», so Schneider. Diese Rolle können die Apotheken gut übernehmen. Nicht nur in Sachsen. (et)
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23.04.2018 l PZ
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