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Herz-Kreislauf-Risiko: Schon geringes Übergewicht ist gefährlich

 

Schon geringes Übergewicht erhöht einer großen Studie zufolge das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die schottische Untersuchung zeigt eindeutig, dass übermäßige Pfunde eher zu Herzinfarkt, Herzschwäche und Schlaganfall führen. Das widerspreche dem sogenannten Adipositas-Paradoxon, betonen die Forscher im «European Heart Journal». Dieses besagt, dass Übergewicht und sogar Fettleibigkeit unter Umständen vorteilhaft sein können. «Je weniger Fett, insbesondere um den Bauch, desto geringer das Risiko für spätere Herzerkrankungen», sagt dagegen Erstautorin Dr. Stamatina Iliodromiti von der Universität Glasgow.

 

Das Team um Iliodromiti schloss 296.535 Menschen in die Analyse ein, die zu Beginn der Studie 40 bis 69 Jahre alt und gesund waren. Die Forscher verfolgten dann das Schicksal der Teilnehmer über zwei Jahre. Bei der Auswertung der Daten berücksichtigten sie andere Einflussfaktoren wie Rauchen oder Bluthochdruck. Das geringste Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten Menschen mit einem Body-Mass-Index (BMI) zwischen 22 und 23 kg/m2, also Normalgewicht. Übergewicht beginnt laut Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) erst bei einem BMI von 25, Fettleibigkeit ab dem BMI 30.

 

Die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauferkrankungen stieg linear: Ein Anstieg des BMI um 5,2 Punkte geht bei Frauen mit einem um 13 Prozent erhöhten Risiko einher. Bei Männern reicht ein BMI-Unterschied von 4,3 Punkten für den gleichen Risikoanstieg. Eine wichtige Rolle spielt vor allem der Taillenumfang: Das geringste Risiko fanden die Forscher bei Frauen mit einem Umfang von 74 Zentimetern, bei Männern mit 83 Zentimetern. Bei Frauen stieg die Gefahr für kardiovaskuläre Probleme für jeden Zuwachs um 12,6 Zentimeter um 16 Prozent. Bei Männern stieg das Risiko pro 11,4 Zentimeter um 10 Prozent. Bauchfett gilt als besonders problematisch, weil es im Gegensatz zu Fettpolstern direkt unter der Haut verstärkt entzündungsfördernde Botenstoffe freisetzt, die die Blutgefäße schädigen.

 

«Das ist die größte Studie, die dem Adipositas-Paradoxon bei gesunden Menschen widerspricht», resümiert Iliodromiti. «Möglicherweise kann das aber bei Menschen mit bestimmten Erkrankungen anders sein.» So gebe es Belege dafür, dass leichtes Übergewicht bei Krebspatienten mit einem geringen Risiko verbunden ist, vor allem weil Chemotherapien zu einem bedenklichen Gewichtsverlust führen können. Zwar sei es gerade für viele ältere Menschen schwierig, den BMI im Normalbereich zu halten, gestehen die Autoren ein. Doch die Botschaft der Studie sei, dass schon die Abnahme weniger Kilos die Gesundheit fördere. Dies sei umso wichtiger, da WHO-Daten zeigten, dass fast die Hälfte der erwachsenen Weltbevölkerung übergewichtig sei, Tendenz steigend.

 

«Die Studie greift einen Aspekt auf, der seit Jahren durch die Literatur geistert», sagt Professor Dr. Nikolaus Marx, Leiter der Kardiologie am Uniklinikum Aachen. «Anhand dieser Daten kann man das Adipositas-Paradoxon so nicht mehr stehen lassen. Wer dicker ist, hat ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wenn man dann ein bisschen abnimmt, kann das nur gut sein.» Um das Adipositas-Paradox endgültig zu widerlegen, müsse das Resultat jedoch in weiteren großen Studien bestätigt werden. «Die wird es geben, und dann ist die Behauptung vom Tisch», sagt Marx, der die Studie aus Glasgow für extrem gut gemacht hält. Der Experte betont, dass Übergewicht nicht nur auf das Herz-Kreislauf-System schlägt, sondern auch das Risiko für  Stoffwechselstörungen wie Typ-2-Diabetes und für Probleme des Bewegungsapparates steigern kann.

 

DOI: 10.1093/eurheartj/ehy057

 

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16.03.2018 l PZ/dpa

Foto: Fotolia/karep

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