Gesundheitspolitik: An diese Themen muss die Groko jetzt ran |

Nach der zähen Regierungsbildung will die Große Koalition nun zügig zum Tagesgeschäft übergehen – auch in der Gesundheitspolitik. Noch vor der Sommerpause werde man das Thema Pflege in Angriff nehmen, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Karin Maag (CDU), heute in Berlin. Während man in der letzten Legislaturperiode viel für die Pflegebedürftigen erreicht habe, stünden nun Arbeitsbedingungen und Bezahlung der Pflegekräfte im Fokus.
Über ein Sofortprogramm will die Regierung 8000 neue Stellen in Pflegeheimen schaffen. Darüber hinaus sollen Kliniken künftig eine gesonderte Vergütung für die Pflegepersonalkosten erhalten. Bislang decken die sogenannten Fallpauschalen diese Kosten ab. Von insgesamt 75 Milliarden Euro, die Kliniken über die Pauschalen erhalten, sollten 18 Milliarden Euro eigentlich in die Pflege fließen. «Dort kommen sie jedoch nicht in vollem Umfang an», so Maag. So würden rund 3 Milliarden Euro stattdessen für Investitionen ausgegeben – ein Posten, der eigentlich in die finanzielle Verantwortung der Bundesländer fällt. Die Auskopplung der Personalkosten aus den Fallpauschalen soll die Klinikvergütung transparenter machen und dafür sorgen, dass die Gelder wirklich den Beschäftigen zugutekommen.
Auch bei einem anderen Thema muss die Koalition aufs Tempo drücken. Ab Januar 2019 sollen Arbeitgeber und ihre Angestellten wieder Kassenbeiträge in gleicher Höhe zahlen, so steht es im Koalitionsvertrag. Damit diese Änderung rechtzeitig in Kraft treten kann, muss hier noch vor der Sommerpause etwas passieren.
Bis zum Ende der Legislaturperiode soll darüber hinaus endlich die elektronische Patientenakte kommen. Weil es bei diesem Thema zuletzt nur schleppend voranging, haben Krankenkassen wie die AOK inzwischen eigene Lösungen entwickelt. Diese Projekte könne man sicher nicht zurückdrehen, sagte Maag. Aufgabe der Politik sei es nun, einheitliche Vorgaben zu definieren, die jede Akte grundsätzlich erfüllen muss. Zudem müsse man dafür sorgen, dass die Systeme miteinander kompatibel seien. Mit Blick auf den elektronischen Medikationsplan sprach sich Maag dafür aus, dem Patienten künftig die Wahl zu überlassen, ob ein Arzt oder Apotheker das Dokument für ihn erstellt. Bislang liegt diese Aufgabe allein bei den Medizinern. «Da müssen wir nochmal ran», so Maag.
Beschäftigen muss sich die Koalition auch mit der Kluft zwischen Privater und Gesetzlicher Krankenversicherung (GKV). So sollen unter anderem die Termin-Servicestellen ausgebaut werden, die GKV-Patienten bei der Suche nach einem Arzttermin unterstützen. Es sei ein großes Ärgernis, dass manche Patienten länger auf einen Termin warten müssten als andere, so Maag. Dieses Problem werde man aber in den Griff bekommen, «auch ohne Einheitsversicherung», sagte sie in Anspielung auf die Bürgerversicherung der SPD, die es nicht in den Koalitionsvertrag geschafft hat. Vereinbart wurde jedoch, dass eine Kommission die Vergütung der Ärzte in beiden Versicherungssystemen auf den Prüfstand stellt. Es sei ausdrücklich nicht Aufgabe, eine einheitliche Gebührenordnung zu entwickeln, betonte Maag, die aus ihrer Ablehnung einer solchen Angleichung kein Geheimnis machte. Die SPD hingegen wünscht sich einen solchen Schritt.
Während sich der Koalitionsvertrag recht ausführlich mit den Problemen der GKV befasst, fehlen konkrete Pläne für die Private Krankenversicherung. Dabei gebe es auch hier großen Reformbedarf, sagte Maag, die damit auf einer Linie mit Bundesgesundheitsminister Spahn ist. Es könne nicht sein, dass man 10 Prozent der Versicherten mit ihren Sorgen schlichtweg ignoriere. So müsse man etwa das Problem der steigenden Beiträge im Alter zeitnah in Angriff nehmen. Das allerdings dürfte beim Koalitionspartner «einiges an Überzeugungskraft kosten».
Darüber hinaus will Maag dafür sorgen, dass Gesetze im Gesundheitswesen künftig nicht mehr so leicht unterwandert werden können. So sei der Wille des Gesetzgebers zuletzt mehrfach schlichtweg ignoriert worden, sagte sie. Als Beispiel verwies die CDU-Expertin unter anderem auf die Impfstoffversorgung. In diesem Bereich sind Rabattverträge inzwischen verboten, damit sich möglichst viele Unternehmen an der Versorgung beteiligen und damit das Risiko von Lieferengpässen sinkt. Vor kurzem hatte die AOK Nordost mit den zuständigen Apothekerverbänden einen Maximalpreis für quadrivalente Grippeimpfstoffe in der Saison 2018/2019 vereinbart. Lediglich ein Hersteller soll bislang zugesichert haben, zu diesem Preis zu liefern. Damit übernehme letztlich wieder nur ein Unternehmen die Versorgung der Versicherten, so Maag. Eine solche Regelung sei zwar legal, verkenne aber das eigentliche Ziel des Gesetzgebers. «Das ärgert mich.»
Die CDU-Expertin möchte daher künftig strenger vorgehen. So könne man etwa auch im Impfstoffbereich Festbeträge einführen, sagte sie. Zudem kann Maag sich vorstellen, in Gesetzen künftig stets eine Evaluierung festzuschreiben, die die Umsetzung und Folgen von Gesetzesänderungen kritisch überprüft. (sch)
19.03.2018 l PZ
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