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Datenklau-Prozess: Keine offenen Rechnungen

 

Am heutigen Verhandlungstag vor dem Berliner Landgericht vernahm der Vorsitzende Richter erneut die Geschäftsführerin des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels Phagro. Dieses Mal erschien sie mit einer Anwältin. Der Verteidiger des angeklagten Ex-ABDA-Sprechers, Thomas Bellartz, hatte der Zeugin am vergangenen Prozesstag vorgeworfen, falsche Aussagen gemacht zu haben und sich bei seinem Mandanten für dessen kritische Berichterstattung rächen zu wollen. Dabei ging es unter anderem um ihre Angaben zu Kartellabsprachen unter Phagro-Mitgliedern aus den vergangenen rund zehn Jahren, die sie in ihrer ersten Vernehmung verschwiegen hatte. Bellartz beziehungsweise sein Online-Informationsdienst Apotheke Adhoc hatten aber seinerzeit darüber berichtet.

 

Am heutigen Freitag stellte die Zeugin klar, von den besagten Kartellverfahren lediglich aus der Presse erfahren zu haben. Und betonte, dass sie nach all den Jahren wohl kaum mehr rachsüchtig sei oder darauf gewartet hätte, durch ihre Aussage vor Gericht eine offene Rechnung mit Bellartz zu begleichen. Im Gegenteil: Sie sei nicht nachtragend und Bellartz ihr als Person «nicht wichtig genug».

 

Jedoch kam zutage, dass die Phagro-Geschäftsführerin in der Zwischenzeit einen Ordner in der Geschäftsstelle des Verbands gefunden hatte. Darin abgeheftet seien E-Mails, die den genauen Termin im Jahr 2010 über ein informelles Treffen des Verbands mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) belegen. Während ihrer letzten Vernehmung war Verwirrung darüber entstanden, ob es der 3. oder der 4. August 2010 war. Bei dem Treffen im BMG soll es nach Angaben der Zeugin um die Zielrichtung des Ministeriums mit Blick auf die Novelle der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) gegangen sein. Im selben Ordner sei sie zudem auf einen Ausdruck eines «unautorisierten Entwurfs» der ApBetrO gestoßen. Die Frage des Verteidigers von Bellartz, wie diese Version in den Besitz des Verbands gelangen konnte, wurde nicht ganz geklärt. Die Zeugin geht davon aus, dass sie das Papier damals ebenfalls aus der Presse hatte. Noch während der heutigen Verhandlung organsierte der Staatsanwalt, dass ein Polizist den besagten Ordner sofort beim Phagro abgeholt und zum Gericht bringt.

  

Der zweite Zeuge am heutigen Tag ist Leiter des Informationsmanagements im BMG. Er hatte zwischen August und November 2012 immer wieder mit dem anonymen Anrufer telefoniert, der dem Ministerium ursprünglich den Hinweis auf möglichen «Datenklau» gegeben hatte. Demnach habe er den Eindruck gehabt, dass der Hinweisgeber damals auch persönliche Motive hatte, das BMG zu informieren. Bekannt ist mittlerweile, dass es sich bei dem Anrufer um den neuen Mann der früheren Ehefrau des Mitangeklagten Christoph H. handelt und 2012 parallel ein Sorgerechtsstreit um das gemeinsame Kind mit H. lief.

 

Erinnern konnte sich der BMG-Referatsleiter allerdings nicht mehr, an wen die sensiblen Daten damals weitergeleitet werden sollten. Damals hatte er jedoch bei der Polizei zu Protokoll gegeben, dass der Anrufer den Namen Bellartz und die ABDA genannt hatte. Die Richter verlasen die entsprechenden Stellen.

 

Erst in einem der späteren Telefonate habe der Informant dem BMG schließlich den vollen Namen des mutmaßlich Verantwortlichen für den «Datenabfluss» genannt. Der IT-Fachmann H. soll laut Anklage zusammen mit Bellartz E-Mail-Postfächer von BMG-Mitarbeitern ausgespäht haben. Die Frage des Vorsitzenden Richters, ob das Ministerium im Laufe der Zeit intern bereits denselben Verdacht hatte, verneinte der Zeuge.

  

Am 23. März wird der Strafprozess fortgesetzt. Der Vorsitzende Richter kündigte an, dass es ein Rechtsgespräch geben wird und der Prozess sich vermutlich bis in den Juli zieht. (je)

  

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16.03.2018 l PZ

Foto: Fotolia/Stockfotos-MG

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