«Ärgerlicher Fehlalarm»: Frauenärzte verteidigen Apotheker |
Erst hagelte es Kritik von einem Gynäkologen-Verband, nun hat eine andere Frauenärztevereinigung den Apothekern in Sachen «Pille danach» den Rücken gestärkt. Die Deutsche Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) stellte sich gegen ihre Kollegen vom Berufsverband der Frauenärzte (BVF). Dieser hatte Anfang der Woche erklärt, Apotheker würden Patientinnen nicht ausreichend zu Notfallkontrazeptiva beraten, weshalb es zu mehr ungewollten Schwangerschaften und Abtreibungen komme.
Die DGPFG hält das für eine Unterstellung. Wie schon die ABDA weist sie darauf hin, dass es den behaupteten Trend zu mehr Schwangerschaftsabbrüchen gar nicht gibt. In absoluten Zahlen gebe es zwar mehr Abtreibungen, aber nicht, wenn man auch die Zahl der in Deutschland lebenden Frauen in gebärfähigem Alter betrachte. Beziehe man sie mit ein, sei sogar ein leichter Abwärtstrend zu beobachten. «Dass der BVF das anscheinend nicht realisiert, sondern nur die absoluten Zahlen veröffentlicht, ist ein ärgerlicher Fehlalarm», sagte die Vizepräsidentin der DGPFG, Claudia Schumann.
Die Apotheker hätten sich nicht nach der Aufgabe gedrängt, zur «Pille danach» zu beraten, so Schumann weiter. Sie hätten sie aber mit großem Engagement übernommen. «Es entbehrt jeder sachlichen Grundlage, dieser Berufsgruppe unterschwellig eine Schuld daran zuzuschreiben, dass Frauen einen Abbruch vornehmen lassen», so Schumann. Natürlich müsse man über die Gründe für Abtreibungen sprechen. Es sei aber falsch, das Thema für ungerechtfertigte Vermutungen und Vorwürfe zu instrumentalisieren, wie es der BVF getan habe.
Schumann erklärte, es sei richtig, dass Frauen sich die «Pille danach» heute unkompliziert und schnell in der Apotheke besorgen können. Die Gynäkologen seien trotzdem in der Pflicht, ihre Patientinnen bereits präventiv zum Thema Notfallkontrazeptiva zu beraten. In zweiter Instanz kämen dann die Apotheker zum Zug. «Im Zweifelsfall fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker: Frauen sollten sich auf die Zusammenarbeit der Heilberufe verlassen können», so Schumann.
Die Fachgesellschaft ärgert sich auch über eine weitere Behauptung des BVF. Dieser hatte erklärt, die Medienberichterstattung zu zwei Gerichtsprozessen gegen die Hersteller von Kontrazeptiva habe zu mehr Skepsis gegenüber der Pille und so ebenfalls zu mehr ungewollten Schwangerschaften geführt. Frauen nähmen die Pille nun seltener und verließen sich zu oft auf dubiose Verhütungs-Apps. Schumann sagte, es sei falsch, dass «die berechtigte Sorge vieler Frauen vor gesundheitlichen Schäden durch die Pille und die Suche nach Alternativen weggewischt werden mit dem Hinweis auf die negative Kraft der Medien». Den Frauen werde der schwarze Peter zugeschoben, sich auf unsichere Methoden einzulassen. Dabei gehe Verhütung Männer und Frauen gleichviel an und die Frauenärzte seien in der Pflicht, ihre Patientinnen empathisch zu Vorteilen und Risiken von Verhütungsprodukten zu beraten. (ap)
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15.03.2018 l PZ
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