Groko-Vertrag: Pharmabranche zeigt sich enttäuscht |
Bei der pharmazeutischen Industrie kommt der heute veröffentlichte Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD nicht sonderlich gut an. Die Vereinbarung enthalte kaum konkrete Lösungsansätze, um die Arzneimittelversorgung in Deutschland auch in Zukunft zu sichern, teilte der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) mit. Anders als andere im Vertrag behandelte Bereiche bleibe die Sicherung der Arzneimittelversorgung im Vagen, vor allem «im Hinblick auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit – den demografischen Wandel und die Urbanisierung zu Lasten ländlicher Regionen», kommentierte der stellvertretende BAH-Hauptgeschäftsführer Hermann Kortland.
Wichtige Schritte, etwa um dem demografischen Wandel zu begegnen, wären dem BAH zufolge etwa die Aufhebung des Preismoratoriums sowie eine Reform des Festbetragssystems gewesen. Die allerdings fehlten in dem Regelwerk vollständig. Dabei bremsten Preismoratorium und Festbetragssystem «patientenrelevante Weiterentwicklungen von Arzneimitteln aus», kritisierte der BAH.
Ein Lichtblick immerhin scheint für die Hersteller die Ankündigung der Koalitionäre in spe zu sein, sich für ein Rx-Versandverbot einzusetzen. Sie begrüßen, dass dieser von den Apothekern geforderte Lösungsansatz in dem Regelwerk zumindest in Erwägung gezogen werde. «Das Versandhandelsverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel ist eine sinnvolle Maßnahme, um dem Wettbewerbsnachteil gerade der Vor-Ort-Apotheken auf dem Land gegenüber ausländischen Versandapotheken zeitnah und wirksam zu begegnen», betonen sie.
Auch für den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) weist der Vertrag in Sachen Gesundheit einige Mängel auf. In seinem Statement spricht der BPI die Pharmakotherapie und ihre Sicherheit an und lobt, dass die Parteien «das Engagement der pharmazeutischen Industrie gemeinsam mit Großhandel und Apotheken im Projekt Securpharm» zwar durchaus würdigten. Doch bleibe unerwähnt, dass den Unternehmen durch die «rigide Sparpolitik im Arzneimittelmarkt, durch Instrumente wie Festbeträge, Rabattverträge und Preismoratorium, die Refinanzierung der erforderlichen enormen Investitionen versperrt ist».
Beim Thema Digitalisierung biete der Vertrag nur Enttäuschendes, so der BPI weiter. Wie der BAH kritisiert der BPI hier vor allem, dass konkrete Maßnahmen fehlten. «Die Parteien geben ein Versprechen zum Breitbandausbau ab und geloben die Verbesserung der Anwendung und Abrechenbarkeit telemedizinischer Leistungen», heißt es in der BPI-Mitteilung. Tragfähige Geschäftsmodelle lasse der Vertrag allerdings missen. «Mindeststandards hierfür wären im Koalitionsvertrag ein Muss gewesen, um die Vorteile der Digitalisierung zum Patienten zu bringen und auch die Arzneimittelversorgung der Menschen mit digitalen Mitteln zu verbessern.» (cd)
07.02.2018 l PZ
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