Datenklau-Prozess: BMG bekam anonymen Anruf |
Der sechste Verhandlungstag im sogenannten Datenklau-Prozess stand ganz im Zeichen eines anonymen Anrufers, der 2012 dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) den Hinweis gab, dass Daten aus E-Mail-Postfächern von Staatssekretären entwendet wurden. Das sagte der am Freitag geladene Zeuge vor dem Berliner Landgericht aus. Er hatte im September 2012 zwei dieser anonymen Anrufe entgegengenommen.
Der Zeuge arbeitete damals wie heute im Referat 211, das unter anderem für den Datenschutz im Gesundheitswesen zuständig ist. Aufgrund der Funktion seines Referats habe die Vermittlung ihm damals den Anruf durchgestellt, weil das Wort «Datendiebstahl» gefallen sei. Der BMG-Referent sagte, er habe den Anrufer für glaubwürdig gehalten. Seinen Namen oder Beweggrund habe dieser ihm aber nicht genannt. Dem Zeugen zufolge wollte der Hinweisgeber seinen Informanten wohl vor einer möglichen «Bedrohung durch den Täter» schützen.
Dem früheren ABDA-Sprecher, Thomas Bellartz, und dem Systemadministrator, Christoph H., wird vorgeworfen, zwischen 2009 und 2012 gemeinsam Daten aus E-Mail-Postfächern von Ministern und Staatssekretären im BMG ausgespäht zu haben. Bellartz soll H. beauftragt und später auch dafür bezahlt haben, Insider-Informationen zu kopieren. Damit hat sich Bellartz laut Anklage Einblicke in geplante Gesetzgebungsverfahren versprochen. Auch soll er demnach die Daten zu seinem Vorteil genutzt haben.
An viele Details aus dem Telefonat konnte sich der Zeuge nicht mehr genau erinnern. Der Richter verlas daher alte E-Mails, die der Referent aufgrund des Vorfalls seinerzeit an Vorgesetzte schrieb. Daraus ging hervor, dass der anonyme Anrufer im Gespräch mit dem BMG-Referenten erwähnt haben musste, dass die entwendeten Daten «an den Apothekerverband verkauft» wurden und der mutmaßliche Täter schon öfter im Ministerium aufgefallen sei. Der Anrufer muss damals demnach auch gesagt haben, dass das BMG nun selbst darauf kommen könne, wer dahinter steckt. Sicher ist der Zeuge, dass der Anrufer mit «einem Berliner Dialekt» gesprochen habe. Alle der darauf folgenden anonymen Anrufe nahm dann ein Kollege des Zeugen entgegen.
Auch die Verteidiger gaben dieses Mal wieder Erklärungen ab. Die Anwältin von H. betonte, dass die Zeugenaussagen des vergangenen Verhandlungstags gezeigt hätten, dass es von Kundenseite – sprich dem BMG – keine Beschwerden gegen ihren Mandanten gegeben hätte. Zudem seien die Postfächer nicht besonders gegen Zugriff gesichert gewesen. Das verlangt jedoch der Vorwurf in der Anklage gemäß § 202a Strafgesetzbuch.
Der Verteidiger von Bellartz wartet indessen immer noch auf eine Erklärung der Staatsanwaltschaft, was seinem Mandanten eigentlich genau zur Last gelegt wird. Außerdem vermisst er eine genaue Aufstellung der relevanten E-Mail-Inhalte. Aus diesem Grund ist er weiter der Ansicht, es müsse ein Freispruch erfolgen. Der Vorsitzende Richter wies erneut auf die Überlastung der Strafkammer hin. Bis eine genaue Prüfung der vergangenen Zeugenaussagen erfolgen kann, wird der Prozess planmäßig am 23. Februar fortgesetzt. (je)
16.02.2018 l PZ
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