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Iatrogene Sucht: Abhängigkeit auf Rezept

 

Ärzte sollen ihre Patienten eigentlich so gut wie möglich behandeln. Nicht immer geht das gut. Eine falsche Therapie kann die Erkrankung noch verschlimmern. Das gilt vor allem für Therapien mit einem hohen Abhängigkeitspotenzial. Dazu gehören Benzodiazepine, Z-Substanzen und immer häufiger auch Cannabis, sagt Professor Dr. Anil Batra von der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen.

Damit eine ärztliche Therapie nicht mehr Schaden als Nutzen anrichtet, muss der Arzt das Risiko einer Abhängigkeit immer im Blick haben. Von einer Abhängigkeit spreche man, wenn mindestens drei von sechs der folgenden Kriterien erfüllt seien, sagte der Suchtmediziner. Stehe die Abhängigkeit im Zusammenhang mit einer ärztlichen Behandlung, spricht man von einer iatrogenen Sucht. An erster Stelle steht laut Batra der Kontrollverlust des Abhängigen. Weitere Kriterien sind Toleranzentwicklung, zwanghafter Konsum des Suchtstoffes, Entzugserscheinungen, Veränderungen im Lebensrhythmus und der ständige Gedanke an die Beschaffung der Substanz.

 

Im weiteren Verlauf steht bei der Einnahme der Medikamente nicht mehr die Grunderkrankung im Mittelpunkt, sondern das Auftreten von Entzugssymptomen. Die ursprünglich zur Bekämpfung einer Krankheit eingesetzten Medikamente werden auch nach der Genesung weiterhin genommen, weil der Abhängige durch deren Wirkung dazu motiviert wird, sie weiterhin einzunehmen.

 

Die Zahl der Patienten in Deutschland, die so in ein Suchtverhalten geraten, ist erheblich. «Bis zu 1,5 Millionen Menschen sind von Benzodiazepinen oder analogen Rezeptor-Agonisten abhängig», sagte Batra mit Verweis auf eine Untersuchung im Jahrbuch Sucht 2017. Demnach wurden 2015 fast 1,5 Milliarden Arzneimittelpackungen mit Suchtpotenzial abgegeben, sagt der Suchtmediziner. Das sind rund 5 Prozent der in Deutschland abgegebenen Packungen.

 

Neben den bekannten Arzneistoffen mit Abhängigkeitspotenzial kommt laut Batra eine neue Gefahr auf Patienten zu. Mit der Freigabe von Cannabis für fast alle denkbaren Indikationen drohe eine deutliche Zunahme von Suchterkrankungen. Batra: «Der Gesetzgeber hat hier außerhalb der üblichen Zulassungsprozesse die Möglichkeit geschaffen, Cannabis als Arzneimittel zu verschreiben. Beobachtungen aus anderen Ländern zeigen, dass dies unmittelbaren Einfluss auf die Prävalenz und Abhängigkeitsentwicklung der Bevölkerung hat.» Dabei seien Frauen stärker gefährdet als Männer.

Um einer Sucht vorzubeugen, sollten Ärzte nur dann Medikamente mit Abhängigkeitspotenzial einsetzen, wenn die Indikation eng umrissen ist, sagt Batra. Grundsätzlich sollte der Patient unter ärztlicher Kontrolle und mit enger Überwachung der Verschreibung behandelt werden. Außerdem sollte der Patient immer mit der niedrigsten Dosierung und nicht länger als sechs Wochen therapiert werden. In einzelnen Fällen sei es denkbar, Benzos und Analgetika weiter zu verordnen, sagte Batra.

Der Weg aus der Arzneimittelabhängigkeit ist nicht leicht. Der erste Schritt sei ein Gespräch mit dem verordnenden Arzt oder mit dem Apotheker. Helfen könne dabei die direkte Ansprache des Patienten. Ein abrupter Ausstieg sei nicht die Methode der Wahl. Größere Erfolgs-Chancen sieht Batra in einer kontinuierlichen Reduktion des Medikaments. Wichtig sei es, den Patienten darüber zu informieren, dass dieser Schritt bis zu acht Wochen dauern könne. Sollten sich nach dem Absetzen der Medikation oder einer starken Reduktion Entzugssymptome einstellen, empfiehlt Batra eine teilstationäre oder stationäre Entzugsbehandlung. Eine ambulante Behandlung könne zwar drei Monate und mehr dauern, sei aber für den Patienten insgesamt leichter.  

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PZ-Themenschwerpunkt Sucht, Ausgabe 50/2017

 

18.01.2018 l PZ

Foto: PZ/Alois Müller

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