ABDA-Präsident: 2018 nicht die Hände in den Schoß legen |
Securpharm, Digitalisierung, EuGH-Urteil und ARMIN: Für die Apotheker gibt es 2018 viel Arbeit. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt (Foto) sieht Chancen und Risiken, wie er im Interview mit der Pharmazeutischen Zeitung zum Jahresbeginn erläutert. Er verspricht Hartnäckigkeit bei der Verfolgung der berufspolitischen Ziele.
PZ: Das Jahr 2017 war für die Apotheker sicherlich keine Offenbarung. Das wichtigste Thema war ohne Frage das EuGH-Urteil. Bislang sind die Apotheker mit ihrer Forderung nach einem Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gescheitert. Wie groß sind die Chancen, im diesem Jahr noch Erfolg zu haben?
Schmidt: Wir sind nicht gescheitert, wir sind aber auch nicht am Ziel. Die politische Lage ändert sich derzeit täglich. Eine neue Regierung wird es nicht so schnell geben. Im Moment lässt sich nicht genau einschätzen, wie gut die Chancen für das Versandverbot sind. Wir wissen aber, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe das Verbot nach wie vor auf dem Zettel hat und dass es bei den Sondierungs- beziehungsweise Koalitionsgesprächen eine Rolle spielen wird. In jedem Fall werden wir aus den Berufsorganisationen der Apotheker das Ziel mit der gleichen Hartnäckigkeit und Intensität verfolgen wie bisher.
PZ: Für die Apotheker bedeutet dies weiterhin unklare Rahmenbedingungen. Was kann die ABDA unternehmen, Stabilität zu erzeugen?
Schmidt: Entscheidend für die Stabilität ist, dass die Folgen des EuGH-Urteils konsequent bearbeitet werden. Wir kämpfen dafür, aber da muss am Ende die Politik ran. Natürlich kommt die Diskussion um die Honorierung dazu, die haben wir mit der Politik auch immer wieder. Das ist nichts Neues. Aber wie sehr die Unklarheit beim Rx-Versandverbot die Stimmung im Berufsstand dämpft, haben wir im letzten Apothekenklimaindex gesehen. Die Zahl der Betriebsschließungen erhöht sich, und wenn das Versandverbot nicht kommt, wird dieser Negativtrend beschleunigt und dann auch spürbare Folgen für die Versorgung zeitigen.
PZ: Die Apotheker kommen leidlich mit der aktuellen Situation zurecht. Macht sie das angreifbarer beim Rx-Verbot? Oder lässt sich daraus ableiten, dass das Rx-Verbot keine so große Gefahr ist?
Schmidt: Nein. Es ist schwer zu prognostizieren, wie dynamisch sich der Online-Handel über die Zeit entwickelt. Eine vermeintlich stabile Marktsituation ist trügerisch. Die Entwicklung im Buchhandel oder im Elektronikmarkt hat gezeigt, wie plötzlich Systeme kippen. Die Anlaufphase war lang; ab einem bestimmten Punkt ging es dann aber ganz schnell. Tatsächlich zieht auch der Rx-Versandhandel seit einiger Zeit an. Es gibt keinen Grund, die Hände in den Schoß zu legen.
PZ: Seit einiger Zeit versuchen branchenfremde Unternehmen, zum Beispiel Amazon, im Arzneimittelmarkt Fuß zu fassen. Bereitet Ihnen, dass Sorgen?
Schmidt: Wenn die Regeln so bleiben, wie sie jetzt sind, und die Politik sich nicht kümmert, dann ist der Eintritt von Amazon in den Arzneimittelmarkt nur noch eine Frage der Zeit. Wir müssen uns als Gesellschaft aber insgesamt fragen, ob wir so leben wollen, dass wir von einigen wenigen weltumspannenden Unternehmen abhängig sind und vor lauter Päckchen-Ökonomie in den Gemeinden und Großstadtkiezen vor Ort irgendwann gar keine Infrastruktur mehr haben. Gesundheitsversorgung ist ein Teil dieser Infrastruktur. Und Heimat ist doch da, wo ich alles habe, was ich brauche.
PZ: Ist dieses Szenario in der Politik schon angekommen?
Schmidt: Ich denke schon. Wenn die Politik verantwortungsvoll agiert, dann muss sie handeln.
PZ: In diesem Jahr startet in den Apotheken der Testbetrieb von Securpharm. Wird es ein Erfolg?
Schmidt: Die Verträge sind geschlossen, die IT-Architektur ist im Aufbau. Es gibt noch ein paar Details zu klären, zum Beispiel bei Krankenhausapotheken. Die Umsetzung in den Software-Häusern funktioniert. Im Großen und Ganzen sind wir startklar. Das wird ein Erfolg. Das gilt zumindest für Deutschland. In anderen EU-Staaten sieht es allerdings noch etwas trüber aus.
PZ: Wie steht es um das Konzept Apotheke 2030? Sind die Apotheker im Fahrplan?
Schmidt: Ja, aber es gibt dabei eine Reihe von Prozessen, die angestoßen werden müssen. Sie betreffen zum Beispiel die pharmazeutische Ausbildung. In diesen Tagen wurde der Kompetenzorientierte Lernzielkatalog Pharmazie veröffentlicht. Dabei geht es um die Kompetenzen, für das Tätigkeitsfeld «Öffentliche Apotheke». Die Implementierung diskutieren wir mit den Hochschullehrern.
PZ: Stellen Sie sich bitte folgendes Setting vor: 31. Dezember 2018, Sie haben ein Glas Sekt in der Hand. Was muss in den zwölf Monaten in jedem Fall passiert sein, damit Sie sagen können «2018 war ein gutes Jahr»?
Schmidt: Angesichts der schwierigen aktuellen Situation erwarte ich für 2018 nicht allzu viel. Mir würde es reichen, wenn wir wieder eine stabile Regierung und eine gestaltende Gesundheitspolitik bekommen, in der wichtige Player die Ziele der Apotheker unterstützen. Dass diese Ziele das Rx-Versandverbot und eine planungssichere Vergütungsmechanik umfassen, dürfte klar sein. (dr)
Das vollständige Interview mit Friedemann Schmidt lesen Sie in der Ausgabe PZ 01/02/2018, online ab dem 10.01.2018.
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Foto: PZ/Alois Müller (Archiv)