Diagnose per Videochat: Ärzte wollen Telemedizin stärken |
So könnte die Hausarztpraxis der Zukunft aussehen: Patienten müssen nicht mehr im Wartezimmer sitzen, stattdessen stellt der Arzt per Videochat eine Diagnose und empfiehlt ein Medikament oder verordnet Bettruhe. Nur in schlimmeren oder komplizierten Fällen entscheidet der Arzt, dass der Patient in die Praxis kommen oder zu einem Spezialisten gehen soll. In Deutschland ist das nicht erlaubt. Noch nicht, sagt Franz Bartmann, Vorstandsmitglied der Bundesärztekammer. Eine Expertengruppe der Kammer aus Ärzten und Juristen hat sich nach seinen Angaben dafür ausgesprochen, Diagnosen über den Bildschirm oder per Telefon künftig zumindest in Ausnahmefällen zu erlauben. Beim nächsten Deutschen Ärztetag im Mai 2018 in Erfurt wollen Ärztevertreter voraussichtlich offiziell darüber entscheiden. «Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird dies auch beschlossen werden», sagt Bartmann.
Zurzeit dürfen Ärzte nur Folgebehandlungen per Videosprechstunde anbieten, wenn sie den Patienten bereits in ihrer Praxis behandelt haben. Sie können etwa schauen, ob eine Wunde gut heilt. «Die Änderungen im Bereich der Fernbehandlung sind wichtig, um Telemedizin in Deutschland zu stärken», sagt Bartmann. So könnten kompetente Diagnosen aus der Ferne etwa helfen, auf dem Land trotz Ärztemangels eine gute Gesundheitsversorgung sicherzustellen, sagt Gisbert Voigt vom Vorstand der niedersächsischen Ärztekammer.
In Pilotprojekten etwa in Nordrhein-Westfalen und in Berlin hatten Pfleger aus Altenheimen den Hausarzt per Videokonferenz zu den Bewohnern geholt. «So haben Ärzte und Patienten seltener lange Anfahrtswege und Wartezeiten. Das ist auch in der Stadt praktisch», sagt Voigt. Auch Hausärzte zogen in Pilotversuchen schon auf diese Weise Spezialisten zurate.
Gesundheitsexperten der Verbraucherzentrale unterstützen den Vorstoß der Ärzte. «In Ländern wie der Schweiz und Großbritannien gehört Telemedizin bereits zur Regelversorgung», sagt Referentin Susanne Mauersberg. «Sie ist für bestimmte Medizinfelder gleich gut wie ein direkter Kontakt zwischen Arzt und Patient.» Mauersberg glaubt: «Videosprechstunden werden in Zukunft ein ganz normaler Bestandteil der Versorgung sein.»
18.12.2017 l dpa
Foto: Fotolia/rocketclips