Wearables: EKG aus dem T-Shirt |

T-Shirts schreiben inzwischen nicht nur Echtzeit-EKGs, sie messen auch die Körpertemperatur, die Bewegung, analysieren den Schweiß und zeichnen die Atmung auf. Smarte Textilien dieser Art, die ausgestattet mit Sensoren Vitalparameter des Körpers überwachen können, präsentierten Herstellerunternehmen Anfang dieser Woche auf der Medizintechnikmesse MEDICA in Düsseldorf.
«Die Sensoren in Textilien müssen vor allem bequem und waschbar sein und zuverlässige Daten liefern», erklärte Dr. Yan Chang Ming von Ming Young Biomedical. Das Unternehmen mit Sitz in Taiwan hat neben den T-Shirts unter anderem Säuglings-Schlafanzüge im Programm, die kontinuierlich die Körpertemperatur messen, Socken zur Ganganalyse und einen BH, der die Atmung aufzeichnet.
An smarten Textilien arbeitet auch das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen. «Idealerweise sind die Sensoren zur Bestimmung der Vitalparameter schon im Stoff integriert», sagte Dr. Christian Hofmann vom IIS. Dieses Prinzip der textilen Elektroden haben die Forscher vom IIS in ihrem Fitness-Shirt verwirklicht (siehe Foto). In diesem sind in einer Tunneltechnologie leitende Stoffe über der Brust eingearbeitet, die am Körper das EKG aufnehmen. Zudem ist ein elastisches Band eingelassen, das sich bei Heben und Senken des Brustkorbs dehnt beziehungsweise gestaucht wird, womit die Atembewegung gemessen wird, erklärt Hofmann. Die abgeleiteten Signale werden in einer kleinen Elektronikeinheit lokal gespeichert, die sich mit Druckknöpfen am T-Shirt befestigen lässt. Zum Waschen kann sie abgenommen werden. Die Elektronikeinheit kann die Daten mittels Funktechnologie übertragen. Das Fitness-Shirt eigne sich zum Beispiel für die Leistungsdiagnostik bei Sportlern oder die Überwachung der Vitalparameter von Berufsgruppen, die Gefahren ausgesetzt sind, wie etwa Feuerwehrmänner. Auch die Überwachung von Probanden in klinischen Studien sei ein mögliches Einsatzgebiet, so Hofmann.
Für medizinische Zwecke hat das IIS aufbauend auf dieser Technologie ein Kleidungsstück speziell zur Überwachung der Herzfunktion entwickelt. Das Cardio-Shirt hat ebenfalls eingearbeitete Elektroden, die das EKG mit bis zu neun Messkanälen erfassen. Es liefert somit Messdaten in medizinischer Qualität. Aus den Rohdaten werden zudem die Herzfrequenz und die Herzratenvariabilität berechnet. Im Vergleich dazu könne man Fitness-Uhren als Schätzeisen bezeichnen, so Hofmann. Das Cardio-Shirt eigne sich zur Aufnahme eines Langzeit-EKG, statt der Klebeelektroden, Kabel und dem Rekorder müsse der Patient dann lediglich ein T-Shirt tragen.
Neben smarten Textilien sind aber auch eine Reihe intelligenter Pflastern zu verschiedenen Indikationen in der Entwicklung und zum Teil schon auf dem Markt. So zum Beispiel das Pflaster RootiRx von dem Unternehmen RootiCare. Dieses besteht aus einer Mini-Sensoreinheit, die mithilfe eines Pflasters auf die Brust geklebt wird, wo es das EKG aufnimmt. Über WiFi werden die Daten direkt auf ein Smartphone übertragen, berichtet Sue Chuang vom Unternehmen. Neben der Herzfunktion werden auch die Aktivität und der Schlaf des Trägers aufgezeichnet. Das Pflaster samt Sensoreinheit wiegt etwa 14 Gramm und erlaubt eine Aufzeichnung der Daten für sieben Tage, dann muss es wieder aufgeladen werden. Das 2000 Euro teure Produkt ist bereits auf dem Markt und hat eine Zulassung der FDA, so Chuang.
Speziell für Asthmatiker ist das Pflaster ADAMM, das die Firma Health Care Originals auf der MEDICA präsentierte. Das Wearable wird ebenfalls auf die Brust aufgeklebt, wo es die Atemparameter wie Atemgeräusche im Kontext mit Herzfrequenz, Aktivitätslevel und Temperatur erfasst. Es kann auch Alarm geben, wenn die Daten auf eine Gefährdung hinweisen.
Für Diabetiker gibt es jetzt ein Pflaster, das den Blutzuckerspiegel misst; für Patienten mit Wunden eines, das den Heilungsprozess überwacht. Der Markt der Wearables zu medizinischen Zwecken wird noch deutlich zunehmen, sind die Experten überzeugt, und die Vernetzung dieser Einheiten untereinander beziehungsweise mit dem Internet auch. (ch)
17.11.2017 l PZ
Foto: Fraunhofer IIS