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TK: Kassen wollen Ärzte bei Kodierung beeinflussen

 

Krankenkassen versuchen immer wieder, die Kodierung ärztlicher Diagnosen zu manipulieren. Bei einer Umfrage der Techniker Krankenkasse (TK) gaben 82 Prozent der befragten 1000 Allgemeinmediziner an, schon einmal von einer Krankenkasse hinsichtlich der Diagnosen ihrer Versicherten beeinflusst worden zu sein. Dass die für sie einträgliche Praxis inzwischen ausdrücklich verboten ist, scheint für die Kassen kein Hinderungsgrund zu sein.

 

Bereits in den ersten zwei Quartalen nach Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes im vergangenen April habe wieder fast ein Fünftel der dazu befragten Ärzte angegeben, von Krankenkassen zu ihrer Diagnosestellung beraten worden zu sein, schreibt die TK heute. «Hochgerechnet ergibt das allein für diesen Zeitraum etwa 11.000 niedergelassene Ärzte deutschlandweit», heißt es.

 

TK-Vorstandschef Jens Baas zeigt sich in der Mitteilung kritisch gegenüber seiner eigenen Branche: «Für die Beratung der Ärzte zu dieser Kodierung geben sie (die Kassen) Geld aus, das stattdessen in die Versorgung der Versicherten fließen sollte», so Baas. Schuld ist aus seiner Sicht der sogenannte morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich, der die Verteilung der Gelder aus dem Gesundheitsfonds an die einzelnen Krankenkassen regelt.

 

Viele Krankenkassen haben ein Interesse daran, dass die Versicherten auf dem Papier möglichst krank sein sollten. Auf Basis dieser Diagnosen erhalten die Kassen Gelder aus dem Gesundheitsfonds. Für einen Asthma-Patienten gibt es zum Beispiel mehr Geld, als wenn der Arzt eine simplere Atemwegserkrankung kodiert.

 

Den Missstand zu beheben, habe der Gesetzgeber bislang versäumt, denn das Gesetz greife offensichtlich viel zu kurz, meint die TK. «Die derzeitigen Regelungen bekämpfen nur die Symptome. Der Versuch, die Einflussnahme zu unterbinden und das System manipulationssicherer zu gestalten, geht noch nicht weit genug», so Baas. Der TK-Chef nimmt auch ein entsprechendes Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesversicherungsamts ins Visier. Zwar kämen auch die Experten zu der Erkenntnis, dass es Manipulationen gibt, so Baas, die Reformvorschläge des Beirats verstärkten die Fehlanreize aber noch einmal.

 

Baas kritisiert das vom Beirat empfohlene sogenannte Vollmodell, das bei der Verteilung der Gelder sämtliche Krankheiten berücksichtigt und finanziell ausgleicht. Bislang sind es 80 Krankheiten, für die die Krankenkassen einen besonderen Zuschuss erhalten. «Was der Politik und der Öffentlichkeit als ‹Zielgenauigkeit› verkauft wird, öffnet letztlich Tür und Tor für weitere, sogar noch stärkere Einflussnahmen», ist sich Baas sicher. Die Kassen hätten dann bei jeder Erkrankung Interesse daran, auf die Kodierung der Diagnosen Einfluss zu nehmen, wodurch das System sehr viel anfälliger für Manipulationen wäre als heute – ein «Weg in die völlig falsche Richtung», so Baas. (cd)

 

07.11.2017 l PZ

Foto: Fotolia/Jörg Hackemann

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