Big Data: Ethikrat legt Fahrplan für die Zukunft vor |
Der Deutsche Ethikrat hat heute eine Stellungnahme zum Thema Big Data und Gesundheit an die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Professor Johanna Wanka (CDU), und den Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) übergeben. Darin spricht sich der Rat für Datensouveränität im Umgang mit Big Data aus.
Datensouveränität bedeute für den Ethikrat «eine den Chancen und Risiken von Big Data angemessene verantwortliche informationelle Freiheitsgestaltung im Umgang mit gesundheitsrelevanten Daten», heißt es in der Stellungnahme. Er sieht dafür institutionelle und staatliche Akteure in der Pflicht, rechtliche, außerrechtliche und technische Rahmenbedingungen zu schaffen. In seiner heute vorgelegten Analyse kommt der Rat grundsätzlich zu dem Ergebnis, dass die Vorgaben und Schutzmechanismen des traditionellen Datenschutzrechts den künftigen Herausforderungen der zunehmenden Datenverarbeitung nicht gerecht werden.
Gerade im Gesundheitsbereich nutzen immer mehr Forscher, Unternehmen und Ärzte Informationen, die sie aus Mustern großer Datenmengen gewonnen haben. Das führe zwar zu einer verbesserten Diagnostik, Therapie und Prävention, steigere Effizienz und Effektivität und unterstütze gleichzeitig gesundheitsförderliches Verhalten, betont der Ethikrat. Andererseits brächten schwankende Datenqualität, die Intransparenz von Datenflüssen, der Kontrollverlust des Einzelnen sowie unsichere Regulierungs- und Qualifikationsanforderungen aber auch Risiken mit sich. Demnach ist oft unklar, wer die Verantwortung bei der Datennutzung trägt. Außerdem stünden Datenmissbrauch und Manipulation Tür und Tor offen.
Sorge bereitet den Verfassern der Stellungnahme auch die zunehmende individuelle Erfassung gesundheitsrelevanter Daten über Smartphones, Wearables, Apps und Co. Solche Informationen ermöglichten «tiefe Einblicke in den aktuellen Gesundheitszustand, die Persönlichkeit sowie den Lebenswandel» und erlaubten teilweise «Vorhersagen etwa zur Krankheitsentwicklung».
Mit der gesellschaftlichen Veränderung und den Herausforderungen durch die Big Data-Entwicklung hat sich der Ethikrat zweieinhalb Jahre lang auseinandergesetzt, sprach in dieser Zeit mit Sachverständigen und Bürgern. Daraus leitet er Handlungsempfehlungen zu vier Themenbereichen ab. Es gelte, die Potenziale von Big Data zu erschließen, die individuelle Freiheit und Privatheit zu wahren, Gerechtigkeit und Solidarität zu sichern sowie Verantwortung und Vertrauen zu fördern.
So fordert der Rat beispielweise, dass es künftig standardisierte Verfahren in puncto Interoperabilität von Daten geben muss, die auch international anschlussfähig sind. Außerdem solle der Austausch von Forschungsdaten weiterentwickelt werden, in dem es etwa rechtliche Möglichkeit für den Einzelnen gibt, seine Daten umfassend für die medizinische Forschung zur Verfügung zu stellen. Datenhoheit und Mitbestimmung müssen dabei aber weiterhin gewährt bleiben.
In diesem Zusammenhang seien zugleich Rechtsfragen mit Blick auf das Eigentum der Daten zu klären. Auch müssten die Schutzmaßnahmen für Kinder verbessert werden. Sorgen bereitet dem Rat darüber hinaus die mögliche Diskriminierung und Stigmatisierung von Personen, die nicht an Datenerhebungen teilnehmen wollen. Zudem könnten Versicherer und Arbeitgeber die Analysen für sich nutzen und anhand persönlicher Verhaltensprofile gezielt risikoarme Antragsteller beziehungsweise Bewerber auswählen, denen sie bessere Konditionen anbieten.
Wichtig ist dem Ethikrat, dass es in Zukunft bei Pannen und Fehlverhalten in Sachen Datenverarbeitung eine Informationspflicht gibt. Auch plädiert er für schärfere Kontrollmechanismen etwa durch Datenschutzbeauftragte, Datenprüfer oder mithilfe von Kodizes für Forschung, Klinik und Wirtschaft. Grundsätzlich könnte auch die Einführung eines Gütesiegels helfen, Bürger vor schwarzen Schafen zu schützen. (je)
30.11.2017 l PZ
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