Sonnenschutz: Blass im Kommen, aber braun bleibt |
Jedes Jahr wird Bräune für uncool und Blässe zum Trend erklärt. Aber ist das wirklich so? Bräune müsse eigentlich als Hautkrankheit betrachtet werden, sagte der Münchener Hautarzt Christoph Liebich der Nachrichtenagentur dpa schon zu Beginn des Sommers. Wer außer sangriaseligen Briten im Spanien-Urlaub legt sich im Jahr 2017 also noch in die pralle Sonne?
«Immer noch viel zu viele», antwortet der Berliner Dermatologe Christian Kors. Das Bewusstsein, dass Sonnenbaden schädlich ist, sei zwar gestiegen, aber es sei immer noch mangelhaft. «Wenn ich Patienten zum Lichtschutz berate, kommt immer: «Aber dann werde ich ja gar nicht mehr braun?»», erzählt Kors. Jeder kennt es ja, das Geplänkel nach dem Urlaub: «Du hast ja richtig Farbe gekriegt!», rufen Freunde, Nachbarn und Kollegen dem Menschen mit gebräuntem Teint entgegen, so als hätte er etwas geleistet. Aber wer am Mittelmeer eingecremt mit Lichtschutzfaktor 50 in den Schatten flüchtet, muss sich danach fragen lassen: «Warst Du wirklich auf Sizilien? Du bist ja gar nicht braun geworden!» Es klingt ein bisschen nach Versagen.
Dabei ist die Sonne doch so out – zumindest schreiben das seit Jahren immer wieder große Zeitungen. Der «Spiegel» veröffentlichte vor zwei Jahren «Ein Hoch auf die Blässe», und dieses Jahr widmet sich die «SZ» auf einer ganzen Seite der Sonne: «Jahr für Jahr schwindet die Zahl der unbeirrbaren Lichtgestalten, die glauben, dass man sich ihr mit Haut und Haar hingeben muss.»
Weltweit gebe es aber jedes Jahr immer noch zwei bis drei Millionen neue Fälle von hellem Hautkrebs, schreibt die Deutsche Krebsgesellschaft unter Berufung auf die Weltgesundheitsorganisation WHO. Jede UV-Belichtung verursache Erbgutschäden in den Zellen, sagt Kors. «Die Haut verzeiht extrem viel, aber sie vergisst keinen einzigen UV-Strahl.»
Braun sein, das war lange ein Statussymbol. Auch der Dermatologe Kors erinnert an die Nachkriegsgeneration, die plötzlich Sommerurlaub machen konnte. «Alle sind nach Italien gefahren, Bräune zeigte auch, dass man sich das leisten kann.» Später gingen die Leute gar ins Sonnenstudio, Solarium zählte in den Neunzigern fast als Hobby. Heute steht das Wort «Assi-Toaster» im Duden. Die hässlichen Assoziationen sind im Kopf: Falten, Lederhaut, Krebs. Und auch: Donald Trump. Die «SZ» sieht nun in den Deutschen, «die immer alles perfekt machen wollen», schon Sonnenschutzweltmeister. Der Berliner Hautarzt Kors kann da nur abwinken. Die Vorzeigenation sei Australien. «Für die Menschen dort ist es selbstverständlich, jeden Tag mit UV-Schutz und UV-Schutzkleidung rauszugehen. Dem hinken wir hinterher, weil immer alle denken: In Australien, die kriegen viel mehr ab.»
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23.08.2017 l dpa
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