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Implantate und Herzgewebe: Wundermaterial Spinnenseide?

 

Spinnenseide könnte geeignet sein, Herzgewebe wiederherzustellen. Erste Ansätze, dieses «extrem spannende und vielseitige Material» für Herzinfarktpatienten einzusetzen, lieferten nun Experten um Professor Thomas Scheibel von der Universität Bayreuth in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik Erlangen.

 

Konkret gehe es um die Proteine, die der Seide Struktur und Festigkeit verleihen, so die Nachrichtenagentur dpa. Professor Felix Engel aus Erlangen habe zeigen können, dass sich die Seide des Indischen Seidenspinners besonders gut als Gerüstmaterial für Herzgewebe eigne. Bisher sei es aber nicht möglich gewesen, das Protein in großer Menge und gleichbleibender Qualität herzustellen. Nun sei es gelungen, «ein rekombiniertes Seidenprotein der Gartenkreuzspinne in größeren Mengen und bei gleichbleibender hoher Qualität zu produzieren», so Scheibel.

 

Aus Sicht von Professor Wolfram-Hubertus Zimmermann vom Deutschen Zentrum für Herzkreislaufforschung (DZHK) an der Universitätsmedizin Göttingen sind die Ergebnisse aus Bayreuth und Erlangen ein «sehr früher Ansatz». Neu sei die Herstellung der Seide außerhalb des Spinnenkörpers. Es sei richtig, Spinnenseide in diesem Kontext weiter zu testen – wie die Entwicklung weitergehe, jedoch noch völlig offen.

 

Spinnenseide ist belastbarer als alle anderen bekannten Fasermaterialien. Die Idee, sie als Werkstoff zu nutzen, gab es bereits in den 1980er-Jahren. Doch selbst namhafte Chemiekonzerne seien an der Großproduktion gescheitert, so Scheibel.

 

Spinnen in großer Schar zu züchten und diese zu melken sei unwirtschaftlich, erklärt der Experte weiter. Zudem nehme die Qualität der Seide von Spinnen in Gefangenschaft ab. Verantwortlich für die mechanischen Eigenschaften von Spinnenseide seien jedoch ihre kleinsten Bausteine, die Proteine. Es genüge daher, diese in großer Menge zu produzieren. Jedoch gebe es dabei ein gravierendes Problem: Die Proteine der Spinnenseide seien so aufgebaut, dass ein kleiner Anstoß von außen genügt, damit sie sich zu extrem festen Strukturen zusammenlagern. «Das ist essenziell für den Spinnprozess in der Natur, beim Rühren und Reinigen ist das eher hinderlich», erklärt Scheibel.

 

Drei Jahre habe es deshalb bei seinem Start-up-Unternehmen AMSilk gedauert, ein Protein aus der Dragline-Seide der Gartenkreuzspinne in einem 120.000 Liter großen Fermenter herzustellen. Dazu mussten die Forscher die Spinnenproteine über sogenanntes «protein engineering» ein wenig verändern und einen besonderen Reinigungs- und Spinnprozess entwickeln. Auf diese Weise entstehe nun ein weißes Garn, das sich äußerlich kaum von anderen Fasermaterialien unterscheide. Der große Unterschied zu synthetischen Polymeren ist laut Scheibel allerdings, dass der biologische Werkstoff komplett recycelbar ist.

 

Spinnenseide hat laut Scheibel noch eine weitere für die Medizin interessante Eigenschaft: Sie ist steril. «Spinnenseide ist in der Natur deshalb so beständig, weil sie bakteriostatisch ist.» Ihre Oberfläche sei so aufgebaut, dass sich Bakterien oder Pilze nicht daran festhalten können.

 

Die Bayreuther Forscher haben einen Weg gefunden, mit den Seidenproteinen Brustimplantate zu beschichten. Philip Zeplin, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie an der Schlosspark Klinik Ludwigsburg, erklärt: «Silikon wird vom Körper nicht so gut akzeptiert.» Werden unbehandelte Silikonkissen eingesetzt, besteht bei gesunden Menschen ein etwa zehnprozentiges Risiko einer sogenannten Kapselfibrose. Der Körper reagiert mit einer Abstoßungsreaktion und verkapselt das Implantat. Bei Brustkrebspatientinnen liegt das Risiko aufgrund der Bestrahlung bei 26 Prozent.

 

Spinnenproteine sind im Körper besser verträglich als Silikon. Im Tierversuch hat die Methode alle Voraussetzungen erfüllt. In Kürze beginnen die Tests am Menschen. «Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich die Seidenproteine bewähren werden», so Zeplin. Er glaubt, die Methode wird künftig auch für andere Implantate geeignet sein wie etwa Gefäßprothesen, Dialysekatheter oder Herzklappen.

 

Auch auf die Frage nach der Haltbarkeit ist Scheibels Antwort positiv: «Spinnennetze halten ewig». In alten Gebäuden könne man durchaus 500 Jahre alte Exemplare finden. (ke)

 

22.08.2017 l PZ/dpa

Foto: Fotolia/SunnySideUp

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