Pharmazeutische Zeitung online

ASS vor Operationen nicht einfach absetzen

 

Patienten, die niedrig dosierte Acetylsalicylsäure (ASS) zur Herzinfarkt- und Schlaganfall-Prophylaxe einnehmen, sollen den Thrombozytenaggregationshemmer vor einer geplanten Operation nicht selbstständig absetzen. Bei hohem individuellem Risiko kann es nämlich sein, dass die ASS-Medikation trotz der Operation weitergeführt werden soll. Ob das erhöhte Blutungsrisiko durch die ASS-Einnahme oder das bestehende Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse überwiegt, ist immer eine Einzelfallentscheidung, die der Arzt treffen muss. Diese Regel wird in der Praxis jedoch zu wenig beachtet, wie die Ergebnisse einer Untersuchung an der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf (UKE) zeigen. Mediziner um Dr. Lili Plümer veröffentlichten sie jetzt im «Deutschen Ärzteblatt».

 

Die Gruppe befragte 805 Patienten mit ASS-Dauermedikation, die sich am UKE geplanten nicht kardiologischen Operationen unterzogen hatten, per Fragebogen, ob, wann und auf wessen Rat sie den Blutverdünner vor der Operation abgesetzt hatten. Von 636 Patienten, die den Fragebogen ausgefüllt hatten, gaben 47 Prozent an, das Medikament abgesetzt zu haben, und zwar in jedem dritten Fall eigenständig ohne ärztliche Konsultation (34 Prozent). Auch bei Patienten, die aufgrund ihres hohen kardiovaskulären Risikos bereits einen Koronarstent hatten und bei denen die Nutzen-Risiko-Abwägung eigentlich zugunsten der Fortführung der ASS-Therapie ausgefallen wäre, wurde diese in 35 Prozent der Fälle unterbrochen. Dabei lag das Versäumnis auch aufseiten der Ärzte beziehungsweise der Organisation rund um den Klinikaufenthalt: ASS soll laut Leitlinie 7 bis 10 Tage vor einer geplanten OP abgesetzt werden. Das Anästhesievorgespräch, in dem es auch um diese Frage geht, fand aber häufig, nämlich in 46 Prozent der Fälle, erst weniger als zwei Tage vor dem Operationstermin statt.

 

Wird ASS vor einer Operation abgesetzt, kann es zu einem sogenannten prothrombotischen Rebound kommen, durch den das Herzinfarktrisiko um mehr als 60 Prozent ansteigt. Die mit der Therapieunterbrechung verbundene Gefahr ist also beträchtlich – wird aber von den Patienten meist unterschätzt. Die Studie ergab, dass die Patienten das Risiko wesentlich niedriger einschätzten als die Ärzte, vor allem diejenigen mit einem Koronarstent. Da sie im Zweifelsfall ihren Arzt offenbar häufig gar nicht mehr fragen, sondern ASS einfach selbstständig absetzen, ist das ein bedenklicher Befund.

 

«Im Fokus wissenschaftlicher Debatten stand bis dato die Frage, bei welchem patienten- und operationsspezifischen Risikoprofil eine ASS-Dauertherapie perioperativ weitergeführt werden soll. Unsere Daten werfen dagegen die Frage auf, wie wir bestehende wissenschaftliche Erkenntnisse zu unseren Patienten transportieren und so deren Therapieadhärenz verbessern können», schreiben denn auch die Autoren. Sie empfehlen für die bessere Informationsvermittlung präoperative Patienteninformationsbroschüren und Stent-Pässe, in denen die Patienten auf das mögliche Risiko der ASS-Therapieunterbrechung hingewiesen werden. (am)

 

DOI: 10.3238/arztebl.2017.0473

 

10.07.2017 l PZ

Foto: Fotolia/Syda Productions

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.