Paracetamol: Neues Antidot geht in klinische Prüfung |
Das schwedische Unternehmen Pled Pharma hat eine klinische Studie mit dem experimentellen Wirkstoff Calmangafodipir (Aladote®) gestartet, der die Leber bei einer Paracetamol-Vergiftung schützen soll. Der Arzneistoffkandidat soll an 24 Patienten an der Universität Edinburgh auf seine Sicherheit und Verträglichkeit geprüft werden. Er wird kombiniert mit der bisherigen Standardtherapie N-Acetylcystein, um ein Leberversagen nach einer Paracetamol-Vergiftung zu verhindern. Der erste Patient wurde vor Kurzem behandelt.
«Während der ersten 24 Stunden nach einer Paracetamol-Vergiftung spüren die Patienten meist kaum oder keine Symptome», erklärt Studienleiter Dr. James Dear in einer Pressemitteilung. «Daher kommen viele Patienten erst in einem späten Stadium in die Klinik, wenn die Standardbehandlung nicht mehr effektiv ein Leberversagen verhindern kann.» Calmangafodipir dagegen konnte in präklinischen Studien den Vergiftungsprozess auch in späteren Stadien deutlich mindern.
Der experimentelle Wirkstoff ist ein Derivat des bis 2012 in der EU verfügbaren intravenösen Kontrastmittels Mangafodipir (MnDPDP, Teslascan®). Während Mangafodipir aus paramagnetischen Manganionen komplexiert mit dem Chelator Fodipir besteht, enthält Calmangafodipir auch Calciumionen [Ca4Mn(DPDP)5]. Die Substanzen werden spezifisch von Hepatozyten in die Leber aufgenommen, während Lebermetastasen sie nicht aufnehmen und so im MRT dargestellt werden können. Wie Experimente zeigten, schützen die Substanzen jedoch auch vor oxidativem Stress durch reaktive Sauerstoffspezies. Calmangafodipir wirkt dabei nicht als spezifisches Paracetamol-Antidot. Pled Pharma testet das Mittel bereits unter dem Namen PledOx® als Schutz vor Nervenschäden durch Chemotherapie und hat eine Phase-IIb-Studie erfolgreich abgeschlossen.
Eine Paracetamol-Vergiftung ist der häufigste Grund für akutes Leberversagen in Europa und den USA. In therapeutischen Dosen (maximale Tagesdosis 4000 Milligramm für Erwachsene) gilt Paracetamol, im Englischen auch Acetaminophen genannt, als sicher. Trotz vieler Warnungen kommt es jedoch immer wieder zu absichtlichen und unbeabsichtigten Überdosierungen, unwissentlich vor allem durch Kombination verschiedener Paracetamol-haltiger Präparate. Allein in Großbritannien müssen jährlich schätzungsweise 50.000 Menschen wegen einer Paracetamol-Intoxikation ins Krankenhaus, rund 200 versterben daran. (dh)
Mehr zum Thema Paracetamol
12.06.2017 l PZ
Foto: Fotolia/Deyan Georgiev