Globuli im Ohr: «Dummheit potenziert sich» |

Auch die korrekte Anwendung von homöopathischen Arzneimitteln will erklärt sein: Ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt fand bei einer Vierjährigen mit anhaltender Mittelohrentzündung zehn Globuli im Gehörgang. Die Eltern hatten ihr Kind zwei Tage zuvor beim Heilpraktiker vorgestellt und die Globuli «für das Ohr» empfohlen bekommen – aber wohl ohne Erklärung zur korrekten, nämlich oralen Applikation. Dr. Christian Lübbers kommentierte den Fall über Twitter unter dem Hashtag #Homöopathie wirkt: Dummheit potenziert sich. Der Fall wurde zum Renner im Internet, auch einige Printmedien berichten.
Der «Welt» sagte Lübbers, er habe die Fremdkörper und Sekret abgesaugt und Nasenspray, Schmerzmittel und ein Antibiotikum verschrieben. Denn vermutlich durch die Fremdkörper im Ohr habe es sich mittlerweile um eine «eindeutige bakterielle Mittelohrentzündung» gehandelt.
Der Fall zeigt, dass Homöopathie also durchaus schaden kann. «Homöopathie wurde hochwissenschaftlich über Jahrzehnte untersucht und hat keinen Wirkungsvorteil über Placebo hinaus», zitiert die «Welt» den HNO-Arzt. Er finde es skandalös, dass viele Krankenkassen die Kosten für homöopathische Behandlungen übernehmen: «Überall wird gespart, aber Globuli werden immer noch bezahlt.» Heilpraktikern schreibt er trotzdem einen hohen Wert im Gesundheitssystem zu – «im psychologischen Sinne». Vorsicht aber auch bei der Anwendung traditioneller Heilmethoden bei Mittelohrentzündung: «Relativ häufig» sauge Lübbers auch Knoblauchzehen oder Zwiebelstücke aus dem Gehörgang.
Die Eltern hatten zwar einen Migrationshintergrund, sprachen aber sehr gut Deutsch, berichtet Lübbers in der «Berliner Morgenpost». Er vermutet, dass die Eltern kaum Erfahrung mit Globuli hatten. In keinem anderen Land sei Homöopathie so ein großes Thema wie in Deutschland. (dh)
12.01.2017 l PZ
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