Forschung zu Autophagie: Medizin-Nobelpreis geht an Japaner |

Für die Entschlüsselung der lebenswichtigen Müllentsorgung in Körperzellen bekommt der Japaner Yoshinori Ohsumi den Medizin-Nobelpreis. Mit Hilfe der sogenannten Autophagie baut die Zelle nicht mehr benötigte Bestandteile ab und recycelt sie. Ist der Mechanismus gestört, können Parkinson, Diabetes Typ 2, Krebs und andere vor allem im Alter auftretende Leiden entstehen. Das teilte das Karolinska-Institut in Stockholm mit. «Dank seiner Pionierarbeit haben wir heute ein Verständnis der Mechanismen von Autophagie», sagte Nobeljurorin Maria Masucci. Damit wachse die Hoffnung für die Behandlung vieler Krankheiten.
Die höchste Auszeichnung für Mediziner ist mit umgerechnet 830.000 Euro (8 Millionen Schwedischen Kronen) dotiert. Ohsumi «entdeckte und erforschte Mechanismen, die der Autophagie zugrunde liegen», begründete das Nobel-Komitee seine Entscheidung. «Das ist eine Freude für einen Forscher, die nicht zu übertreffen ist», sagte Ohsumi dem japanischen Fernsehsender NHK.
Bei der Autophagie verdaut die Zelle nicht mehr benötigte Bausteine und bereitet sie zur Wiederverwertung auf. Ohne die Autophagie würde sie im Zellmüll versinken. Mit den entscheidenden Experimenten startete der 1945 geborene Forscher in den frühen 1990er Jahren an Hefezellen. Es war bereits bekannt, dass bestimmte Zellorganellen, die Lysosomen, Zellbestandteile abbauen. Dafür hatte bereits 1974 Christian de Duve den Nobelpreis erhalten. Ohsumi entdeckte zunächst entscheidende Gene, die bei unterschiedlichen Situationen aktiv werden, und zeigte später, dass dieses System ähnlich auch beim Menschen existiert.
Ohsumi habe ein völlig neues Wissen darüber geschaffen, wie die Zelle ihren Inhalt recycelt, teilte das Komitee mit. «Seine Entdeckungen haben den Weg geebnet, um die immense Wichtigkeit der Autophagie in vielen physiologischen Prozessen zu verstehen, beispielsweise bei der Anpassung an Mangelversorgung oder bei der Antwort auf Infektionen.» So werden in Hungerzeiten Zellbestandteile zur Energiegewinnung abgebaut. Das System ist aber auch wichtig zur Bekämpfung von Infektionen, beim embryonalen Wachstum und bei der Reaktion auf Stress.
Die Auszeichnung für Ohsumi war aus Sicht des Berliner Forschers Volker Haucke «seit Langem überfällig». Der Direktor des Leibniz-Instituts für Molekulare Pharmakologie beschreibt den Japaner als «bescheidenen Grundlagenforscher», der seiner Zeit voraus gewesen sei. Der von ihm entdeckte Prozess habe sich als «fundamental wichtig für alle Organismen, Zellen und höheren Lebensformen erwiesen», so Haucke.
04.10.2016 l PZ/dpa
Foto: Fotolia/Contrastwerkstatt