Gespaltenes Zäpfchen weist auf Stoffwechselkrankheit hin |
Ein deutsch-niederländisches Forscherteam hat die Ursache einer kaum bekannten, gefährlichen Stoffwechselkrankheit entdeckt: ein Mangel des Enzyms Phosphoglucomutase 1 (PGM 1). Durch diesen seien die Betroffen nicht in der Lage, Energie aus Glucose zu speichern, heißt es in einer Mitteilung der Medizinischen Fakultät der Wilhelms-Universität Münster. Das Enzym, das im Zellplasma jeder Zelle vorkommt, setze zudem Energie frei, wenn der Körper auf seine Glycogenreserven zurückgreifen muss. Die Ergebnisse der Studie sind in der aktuellen Ausgabe des «New England Journal of Medicine» veröffentlicht.
Der Mangel an PGM 1 könne schwerwiegende Folgen haben, erklärt Professor Thorsten Marquardt, Leiter des Bereichs für angeborene Stoffwechselerkrankungen am Universitätsklinikum Münster, laut Mitteilung. «Es kann beispielsweise zu Muskelschmerzen und Muskelzerfall, rotem Urin nach dem Sport, Lebererkrankungen, einem gefährlich niedrigen Blutzuckerwert und sogar schweren Herzmuskelerkrankungen kommen.» Auch ein plötzlicher Herztod ist möglich. Doch obwohl die Krankheit so viele «Gesichter» habe und damit schwierig anhand der Symptome zu erkennen sei, gebe es eine recht einfach Diagnosemöglichkeit. Schon der Blick in den Spiegel könne einen Hinweis geben, so Marquardt. «Hinten am Gaumen hat jeder Mensch ein Zäpfchen. Bei Menschen mit PGM-1-Mangel ist dieses gespalten und sieht wie zwei Zäpfchen aus.» Mittels eines von der Arbeitsgruppe entwickelten Biomarkers könne diese Diagnose dann über einen Bluttest bestätigt werden.
Auch die Behandlung sei erstaunlich unkompliziert, heißt es in dem Schreiben weiter. Tests der Forschergruppe hätten ergeben, dass sich der Enzymmangel durch die Gabe des Zuckers Galactose nahezu ausgleichen lasse. Dessen Hauptquelle sei Lactose (Milchzucker) und damit in Apotheken, Drogerien oder Supermärkten erhältlich. Auch die Empfehlung der Forscher, die Ernährung im Falle einer Erkrankung um spezielle Kohlenhydrate zu ergänzen und auf besonders anstrengenden Sport zu verzichten, sei einfach umsetzbar.
Wie die Universität Münster mitteilt, werden die Erkenntnisse dieser Studie in der klinischen Praxis schon eingesetzt. Erste Patienten in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin profitierten bereits davon. Marquart und seine Kollegen hoffen nun, dass sich das Wissen um diese Stoffwechselkrankheit schnell verbreitet. (ke)
doi: 10.1056/NEJMoa1206605
10.02.2014 l PZ
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